Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz

  • Entstehungszeitraum: 30. April 1938
  • Entstehungsort: Statd Salzburg
  • Objektart: Fotografie
  • Autor/Künstler: Franz Krieger
  • Artikel-Autor: Thomas Weidenholzer
  • Material/Technik: Filmnegativ (Nitratfilm, Agfa Isopan F)
  • Größe: 35x24 cm
  • Standort/Signatur: Stadtarchiv Salzburg, Fotoarchiv Franz Krieger
  • Physisch benutzbar: nein
  • Literatur:

    Peter F. Kramml u. Roman Straßl, Der Salzburger Pressefotograf Franz Krieger (1914–1993). Bildberichterstattung im Schatten von NS-Propaganda und Krieg (Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg 24) Salzburg 2008.
    Ursula Schachl-Raber (Hg.), Bücherverbrennung. Gegen das Vergessen 30. 4. 1938–30. 4. 2013. Zur Erinnerung an die Bücherverbrennung vom 30. April 1938 auf dem Salzburger Residenzplatz. Ein Projekt der Universitätsbibliothek Salzburg 5. April bis Ende Mai 2013, wissenschaftlich begleitet von Karl Müller, 2., überarb. Aufl., Universitätsbibliothek Salzburg, Salzburg 2013.
    Sabine Veits-Falk, Peter F. Kramml. 75 Jahre Bücherverbrennung, in: salzburger volks.kultur.gut, Mai 2013, S. 30–34.
    http://www.stadt-salzburg.at/pdf/folder_zur_buecherverbrennung_1938_und_zur_gedenkt.pdf

image_pdfimage_print

Am 30. April 1938, wenige Wochen nach dem „Anschluß“ Österreichs an NS-Deutschland, inszenierte der Nationalsozialistische Lehrerbund auf dem Salzburger Residenzplatz eine Bücherverbrennung. Verbrannt wurde vor allem „klerikale“ und jüdische, aber auch legitimistische und linke Literatur.

Das demonstrative Vernichten von Büchern hat zwar eine lange Tradition, wurde jedoch vom NS-Regime mit einer einzigartig übersteigerten Symbolik durchgeführt. Bücher nur zu verbieten war den Nationalsozialisten zu wenig. Sie mussten brennen – möglichst spektakulär und öffentlichkeitswirksam, gleich einer Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen. Mit der „reinigenden Kraft des Feuers“ wollte sich der Nationalsozialismus unerwünschter Meinungen und Überzeugungen entledigen.

Die Bücherverbrennungen verliefen nach einer genauen Dramaturgie und wurden als Veranstaltungen konzipiert, die die Volksgemeinschaft stärken sollten. Als „Aktion wider den undeutschen Geist“ hatte die deutsche Studentenschaft bereits am 10. Mai 1933 in 22 Universitätsstädten Hitlerdeutschlands Bücher verbrannt.

Nach deutschem Vorbild organisierte der Salzburger Nationalsozialistische Lehrerbund am 30. April 1938, am Vorabend des „Tages der deutschen Arbeit“, die „symbolische Verbrennung jüdischer und klerikaler Bücher“. Die Auswahl der Bücher unterschied sich damit von den deutschen Bücherverbrennungen im Jahr 1933: Die Salzburger Aktion richtete sich nicht nur gegen Werke jüdischer, pazifistischer sowie linker Schriftsteller und Schriftstellerinnen, sondern vor allem gegen Schriften katholischer Autoren, Politiker des „Ständestaats“ und Legitimisten. Außerdem wurden in Salzburg neben Leihbibliotheken und Buchhandlungen auch Privathaushalte aufgefordert, derartige Bücher abzugeben.

1200 Bücher sammelte die HJ (Hitlerjugend), die auch beim Akt der Bücherverbrennung eine aktive Rolle spielte. Als zentraler Ort der Inszenierung des Feuergerichts wurde der Residenzplatz ausgewählt. Ein Scheiterhaufen wurde nördlich des Residenzbrunnens in unmittelbarer Nähe der St. Michaels-Kirche errichtet.

Karl Springenschmid, Leiter des Salzburger Schulwesens und des NS-Lehrerbundes, führte in der „Feuerrede“ programmatisch aus: „Verbrannt, vernichtet sei alles, was an klerikaler Knechtung und jüdischer Verderbnis den Aufbruch einer wahrhaft deutschen Kultur verhinderte“ (Salzburger Volksblatt, 2. Mai 1938). Danach wurde der Scheiterhaufen entzündet.

Um den Eindruck zu vermitteln, im Namen der ganzen „Volksgemeinschaft“ zu handeln, warfen zwei Angehörige der Hitlerjugend und zwei Schüler, je ein Arbeiter, Bauer, Musiker und Soldat sowie ein SA- und ein SS-Mann Bücher unter der Proklamation von „kernigen Urteilssprüchen“ ins Feuer.

Die Bücher brannten und die Flammen kündigten, wie wir heute wissen, eines der größten Verbrechen an der Menschheit an.

Die Werke folgender katholischer, ständestaatlicher und legitimistischer Autoren bzw. Politiker wurden mit „Feuersprüchen“ verbrannt: Kurt Schuschnigg, Hans Pernter, Joseph August Lux, Friedrich Muckermann, Ernst Karl Winter, Otto Habsburg-Lothringen.

Mit „Feuersprüchen“ wurden auch die Werke der jüdischen Autoren Stefan Zweig und Siegfried Jacobsohn (letzterer für sein Buch über Max Reinhardt) auf den Scheiterhaufen geworfen. Unter dem Aufruf „Deutsche, lest keine jüdischen Bücher!“ nannte das Salzburger Volksblatt 50 Autoren und Autorinnen, darunter: Heinrich Heine, Arthur Schnitzler, Alfred Döblin, Stefan Zweig, Kurt Tucholsky, Franz Werfel, Max Brod, Alexander Roda-Roda, Else Laske-Schüler, Carl Sternheim, Emil Ludwig, Lion Feuchtwanger und Vicki Baum.

Beabsichtigt war die „restlose Vernichtung dieser jüdischen und klerikalen Literatur“.