Salzburgs Friseursalons. Drei Beispiele aus dem 19. Jahrhundert

  • Entstehungszeitraum: 1774-1910
  • Entstehungsort: Salzburg
  • Objektart: Fotos, Plakate, Kunsthandwerk
  • Artikel-Autor: Christian Flandera
  • Standort/Signatur: Salzburg Museum Inv.-Nr. K 1120-49, BIB PLA 9093, BIB PLA 9050, 2058-2005, Foto 44017, Foto 19499 (Ausschnitt)
  • Physisch benutzbar: ja
  • Literatur:

    Zeitungen & Zeitschriften:
    Das Vaterland
    Fachblatt der Friseur-, Raseur- und PerĂĽckenmacher-Genossenschaft in Wien
    Neue Wiener Friseur-Zeitung
    Pfarrmatriken von Mülln, St. Andrä, St. Blasius und St. Johannesspital
    Salzburger Chronik
    Salzburger Volksblatt
    Salzburger Zeitung
    Salzburgischer Geschäfts-, Volks- und Amts-Kalender

    Beiträge & Bücher:
    GĂĽnther G. Bauer (2009). Mozart. Geld, Ruhm und Ehre, Bad Honnef.
    Friedrich R. Besl (1997). Haarpflege im Wandel der Zeiten. Scherer und Barbier, Peruquier und Friseur im Land Salzburg (59-73). in: Salzburger Volkskultur/November 1997.
    Peter Kramml und Sabine Veits-Falk (2006): Die medizinische Versorgung der Stadt Salzburg am Ausgang des Mittelalters und zu Beginn der frühen Neuzeit: Ärzte, Apotheker, Bader und Wundärzte sowie Hebammen – Spitäler und Lazarette (85-137). in: Medizinische Ausbildung und Versorgung zur Zeit des Paracelsus. 54. Paracelsustag 2005, Salzburg.
    M. von Starzenbach (1782): Vorzüge und Verdienste der Perückenmacher und Friseurkunst, darinnen nicht alleine das theoretische sondern auch das praktische der Kunst von den firsiren, und den dazu nöthigen Instrumenten ausführlich und getreulich mitgetheilet wird, Wien.
    Susanna Stolz (1992). Die Handwerke des Körpers. Bader, Barbier, Perückenmacher, Friseur. Folge und Ausdruck historischen Körperverständnisses, Marburg.

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Die Familie Mozart hatte auf ihren Reisen einen eigenen und die Fürsterzbischöfe sowieso. Die Rede ist von Friseuren. Auch in Salzburg stand die Wiege des späteren Friseurberufs in den mittelalterlichen Badestuben. Freilich waren die damaligen Tätigkeiten mit jenen, die heute in einem Friseursalon angeboten werden nicht vergleichbar.

Aus dem Beruf des „Scherers“ in den Badestuben entwickelte sich zuerst der Barbier. Neben dem Rasieren und Haareschneiden – bei der männlichen Bevölkerung – übernahm er unter anderem auch das Aderlassen und teilweise das Schröpfen. So entwickelte sich aus der Aderlassschlüssel auch das Barbierbecken – das Standessymbol der Barbiere. Lange Zeit war dies auch das Symbol der Friseure, obwohl sie sich ab dem Ende des 19. Jahrhundert immer stärker von den Barbieren distanzierten, denen sie mangelhafte Ausbildung und geringes Können unterstellten. Um 1860 gab es in der Stadt Salzburg erst drei Gewerbetreibende, die sich selbst überhaupt als Friseure bezeichneten, während zeitgleich 13 Männer das Barbierhandwerk ausübten. Immer wieder flammte auch die Diskussion auf, ob das französische Wort „Friseur“ nicht durch deutschsprachige Begriffe wie Haarkünstler, Haarschneider, Haarkräusler oder Haarpfleger zu ersetzen sei.

Der lange Schatten der Tradition

Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wirkte das auf männliche Bedürfnisse fixierte Berufsbilder des Barbiers fort. Und so musste noch 1852 das k.k. Handelsministerium klarstellen, dass Haareschneiden nicht durch Wundärzte erfolgen darf! Im Jahr 1879 verwies der langjährige Vorsitzende der Salzburger Friseure, Jakob Geil (1850-1915), bei seiner Geschäftseröffnung auf seine fünfjährige Lehrzeit beim Salzburger Stadtwundarzt Carl Leonhart (1829-1889) und verstand dies wohl als Aussage über seine hervorragende Qualifikation.

Ausgewiesene Damenfriseure gab es in der Stadt vor der Jahrhundertwende kaum! Das Genderpricing – also unterschiedliche Preise für Damen und Herren – wirkte sich damals nicht nur für die männlichen Kunden, sondern auch für die Belegschaft positiv aus. Während Männer für die Haarpflege weniger als Frauen bezahlten, erhielten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei einer „Damenbedienung“ sogar bis zu 10 Prozent Provision.

In der Sammlung des Salzburg Museum finden sich zahlreiche Plakate, sowie Gerätschaften, die für einen Bader, einen Barbier bzw. Friseur unerlässlich waren. Das Spektrum reicht dabei vom Barbierbecken über Scheren, Rasiermesser bis hin einer Haarschneidemaschine, die mit Muskelkraft betrieben wurde. Die gesammelten Onduliereisen bzw. Brennscherenwärmer wurden kommerziell erst mit der Ausweitung des Kundenkreises auf Frauen benötigt. Ab der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert machte der Rasierhobel und bald der Sicherheitsrasierer den Barbieren bzw. Friseuren bei der männlichen Kundschaft eine immer größere Konkurrenz. Dies war vermutlich nur einer der Gründe, warum das Angebot für Frauen in der Folge immer mehr ausgeweitet wurde.

Salzburgs erste Damenfriseurin?

Der Friseurberuf war lange Zeit fest in Männerhand und Frauen hatten es schwer Fuß zu fassen. 1893 wollte die Wiener Friseurinnung einem weiblichen Friseurlehrling die Freisprechung als Rasurgehilfen wegen „Schicklichkeitsrücksichten“ verweigern. Dies lag auch daran, dass das Frisieren und Haareschneiden außer Haus bei Frauen später als bei Männern zur Mode wurde. Lange Zeit war es üblich den Friseur z.B. vor dem Besuch eines Balls zu sich ins Haus zu bestellen. Und so verwundert es nicht, dass Salzburgs Friseure noch bis um 1900 in den Zeitungsannoncen immer auch auf ihre Hausbesuche hinwiesen. Zahllose Zeitschriften gaben den Frauen überdies Anleitungen, samt Abbildungen, wie die aktuellen Frisuren selbst gekämmt, gebunden oder gesteckt werden konnten. Die damaligen Modefriseuren spielten mit einem Adelsbezug und hießen dann in der Saison 1886/87 Elisabeth-Frisur oder auch Stephanie-Frisur und in der Saison 1890/91 gab es eine Princess Beatrix-Frisur ebenso wie eine Valerie-Frisur. Während in Wien ab den 1880er Jahren öffentliche Bewerbe im Damenfrisieren existierten, fand in Salzburg erst 1907 ein solcher Wettbewerb statt!

Eine der ersten Frauen, die in Salzburg ein Friseurgeschäft eröffnete, dürfte vermutlich die, aus Oberösterreich stammende, Johanna Feyerl (1819-1899, geb. Jerg) gewesen sein. Feyerl begann Anfang der 1860er Jahre am Hannibalplatz (heute: Makartplatz) mit ihrer Friseurinnentätigkeit. 1866 übersiedelte sie – nach der Hochzeit mit dem Gold- und Silberarbeiter Martin Feyerl – ihr Geschäftslokal ins „Gewölbe an der Bürgerspital-Kirche“. Sie war eventuell auch die erste, die sich alleine auf ein weibliches Publikum spezialisierte. Feyerl bezeichnete sich selbst als „Damen-Friseurin“ als sie im Jahr 1869 ihr Geschäft in der Getreidegasse bewarb. Nur wenige Monate später, im August 1870, übersiedelte sie ihren Friseur-Salon erneut – dieses Mal an die Ecke Klampferergasse mit der „Front gegen die Salzach“. Sie sicherte ihrer weiblichen Kundschaft eine moderne und geschmackvolle Ausführung „bei billigen Preisen“ zu. Doch nur wenige Jahre später – im Jahr 1878 – war der Betrieb am Ende, die gesamte Einrichtung wurde versteigert und die Spuren von Frau Feyerl verlieren sich.

Johann Stojanovic – ein Wiener Friseur

Deutlich erfolgreicher verlief die Friseurkarriere von Johann Stojanovic (auch: Stojanowitsch). Stojanovic wurde 1838 in Neusatz im Königreich Ungarn (heute: Novi Sad/Serbien) geboren. Über Wien kam er mit seiner Gattin Anna, die 1836 in Königgrätz in Böhmen (heute: Hradec Králové/Tschechien; gest. 1893) geboren wurde, nach Salzburg.

Am 10. April 1869 eröffneten die beiden einen „Wiener Rasir- & Frisir-Salon“ im Eckhaus der Theatergasse (1881 abgebrochen). Seine Wiener Ausbildung sollte Stojanovic noch lange in seinen Zeitungsanzeigen hervorheben, und er pries darin nicht nur den Salon an, sondern bot auch – wie damals üblich – Hausbesuche, sowie Abonnements für das Rasieren, aber auch das Frisieren an. Seine Frau, so wurde betont, kümmere sich im gleichen Ausmaß um die weibliche Kundschaft. 1875 übersiedelte der Salon an die Adresse Hannibalplatz.

Ab den 1860er Jahren begannen Salzburgs Friseure auch, wohl als zusätzliche Einnahmequelle, verschiedenste Parfümerieprodukte zu verkaufen und Frauenhaare – für Perücken und Haarteile – anzukaufen. Im Parfümeriebereich machten sie damit allerdings einer Reihe von bestehenden Gewerbetreibenden Konkurrenz. Nicht so seriös war wohl der Handel mit allerlei Haarwuchsmittel, wie ihn auch Stojanovic betrieb.

Stojanovic bewarb seine Parfümerieprodukte „der ersten Hoflieferanten“ sowie sein großes Sortiment an Toilettenartikel. Mit letzteren waren vor allem Kämme, Haarnadel aber auch Frisurnetze gemeint. Während der Lebenszeit von Stojanowitsch erlebte der Friseurberuf zahlreiche Professionalisierungsschübe: In handwerklicher Sicht beschleunigte die bereits in den 1860er-Jahren erfundene Haarschneidemaschine die Tätigkeit des Haareschneidens. In organisatorischer Sicht kämpften die Friseure im Land Salzburg für eine eigene berufliche Vertretung, da sie in jedem Bezirk einer anderen Interessensvertretung zugeordnet wurden. So wurden sie im Gasteinertal der Genossenschaft der Gastwirte zugeteilt. 1892 trafen sich die Friseure erstmals zum Österreichischen Friseurtag, um aktuelle berufliche Fragestellungen zu erörtern. Die Lehrzeit sollte einheitlich auf vier Jahre verlängert werden und zur reinen handwerklichen Tätigkeit kam die bereits erwähnte Kaufmannskomponente mit den Kosmetikprodukten hinzu. Und schließlich wurden immer neue hygienische Maßnahmen, wie die Desinfektion der Schneidgeräte, zum Schutz der Kundinnen und Kunden ergriffen. Auch stieg in jener Zeit das Selbstbewusstsein der Friseure und man versuchte sich immer klarer von den reinen Barbieren abzugrenzen.

Bereits zwei Jahre später, am 15. Oktober 1877, übersiedelte Stojanovic sein Geschäft erneut, dieses Mal in die Theatergasse. Nach der Errichtung des Bazar-Gebäudes verlegte er im Juli 1882 neuerlich seinen Salon. Damals waren in jenem Teil des Gebäudes der heute die Spängler Bank beherbergt, zahlreiche Geschäfte eingemietet. In den 1880er Jahre eröffnete Stojanovic schließlich eine Filiale in Zell am See in der Seegasse. Anfangs arbeitete die Ehefrau ebenfalls im Geschäft, doch dürfte sie sich dann mehr um die drei Töchter (Pauline, Marianne und Hedwig) sowie den Sohn Ludwig gekümmert haben, da in der Werbung kein namentlicher Bezug mehr auf sie erfolgte.

Der Sohn Ludwig übernahm nach dem Tod des Vater 1897 das Friseurgeschäft und vollendete die Eindeutschung des Familiennamens von Stojanovic zu Stojanowitsch. Ludwig Stojanowitsch (1875-1899) konnte das Geschäft des Vaters aber nur kurze Zeit fortführen ehe er im jugendlichen Alter von nur 24 Jahren ebenfalls verstarb.

Ein Friseur in der Vorstadt: Konrad Wondre

Zugewandert war auch der Friseur Konrad Wondre (1873-1910). Wondre stammte aus Iglau in Mähren (heute: Jihlava/Tschechien) und kam 1893 als Friseurgehilfe nach Salzburg. Hier heiratete er 1896 Antonie (1878-1933, geb. Steiner) aus Linz. Wondre kaufte in der Müllner Hauptstraße das Friseurgeschäft des Salzburger Gemeinderats Karl Brunner (1851-1927) und baute sich „durch sein geschäftliches Können, sowie sein stets zuvorkommendes Benehmen“ eine gute Existenz auf. Er war auch einer der ersten, die sich in der neuparzellierten Ignaz-Harrer-Straße ein Haus errichteten. Hier wurde von Konrad Wondre auch eine Filiale seines Friseurgeschäfts eingerichtet. Wondre war aber auch standespolitisch tätig, nämlich in der Genossenschaft der Friseure und Barbiere, deren Vorsitzender Gemeinderat Karl Brunner war.

Aus den Annoncen, die Wondre regelmäßig in den unterschiedlichen Medien inserierte, wissen wir auch, dass er beispielsweise zum Wochenlohn von zehn Kronen für einen „tüchtigen Herrenbediener“ auch ein Frühstück und ein Mittagessen bot. Während Wondres Berufsleben gab es zahlreiche Neuerungen in der Friseurbranche: Denn um die Jahrhundertwende kamen in Salzburgs Friseursalons erstmals Haarwaschbecken und elektrische Haartrockner zum Einsatz. Und kurz vor seinem Tod wurde die lange geforderte Fachschule für Friseure in der Stadt Salzburg endlich Realität.

Nach dem 1. Weltkrieg wandelte sich der Friseurberuf und die Haartrends neuerlich massiv: Es begann der Siegeszug der Dauerwelle, der an die Friseurinnen und Friseure neue fachliche und technische Anforderungen stellte. Und ab 1921 wurde es, dankt der Filmschauspielerin Asta Nielsen (1881-1972) sogar vorstellbar, dass Frauen kurze Haare in Form eines Bubikopfes trugen.