Grabgesang für Konstanze Nissen „Keine frohen Festgesänge…“

  • Entstehungszeitraum: 6.-8. März 1842
  • Entstehungsort: Salzburg
  • Objektart: Notentext (6 Stimmen: S, A [2x], T, B [2x])
  • Autor/Künstler: Alois Taux (1817–1861)
  • Artikel-Autor: Eva Neumayr
  • Größe: 25 x 16 cm, 30 x 25 cm
  • Standort/Signatur: Archiv der Erzdiözese Salzburg, Dommusikverein und Mozarteum, ohne Signatur
  • Physisch benutzbar: ja
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Constanze Nissen (geb. Weber, verw. Mozart, 1762–1842) hatte 1782 W. A. Mozart geheiratet, ihm sechs Kinder geboren und sich nach seinem Tode als umsichtige und geschäftstüchtige Nachlassverwalterin erwiesen. Mit ihrem zweiten Gatten, Georg Nikolaus Nissen (1761-1826), einem dänischen Diplomaten und Mozart-Biographen, kam sie 1824 nach Salzburg und ließ sich in der Folge hier nieder. Als sie am 6. März 1842 80jährig in Salzburg starb und ihre beiden Söhne nicht in Salzburg weilten, übernahm es der „Dommusikverein und Mozarteum“, die Witwe Mozarts würdig zu begraben. Am Grabe sang man einen von Alois Taux, dem Kapellmeister des Dommusikverein und Mozarteum, komponierten Grabgesang.

Text:
Keine frohen Festgesänge schallen Mozart heute Dir.
Wehmuthsvolle Trauerklänge tönen deiner Gattin hier.
Eh wir noch dein Denkmal weih’n
musste sie erst bei Dir sein. 

Ruhe sanft den ew’gen Frieden,
was wir unserm Mozart baun
War von Gott dir nicht beschieden
Lebend freudig anzuschaun.
Deiner Söhne Sehnsuchtsblick
Fällt auf Muttergrab zurück.
Zweifach wird die Thräne fließen
Daß Dir Gott nicht Fristung gab.
Doch wenn wir sein Bild begrüßen
Schaut von dort zu uns herab.
Wie die Welt den Gatten ehrt,
so warst du auch Mozarts werth.

Georg Nikolaus Nissen (1761-1826) schrieb in Salzburg mit der Unterstützung seiner Frau an seiner Mozartbiographie, die bei seinem Tod 1826 noch nicht vollendet war. Auch die beiden Schwestern Konstanzes, Aloisia Lange und Sophie Haibl, verbrachten ihren Lebensabend in Salzburg.

Am 12. August 1835 erschien in der „Salzburger Zeitung“ ein Aufruf zur Errichtung eines Mozart-Denkmals, der danach in verschiedensten deutschsprachigen Zeitungen erschien und großen Anklang fand. 1836 bildete sich aus dem Vorstand der Gesellschaft „Museum“ ein „Mozart-Comité“, 1841 schließlich der „Dom-Musik-Verein und Mozarteum“, dessen erste Aktivität die Vorbereitung und Durchführung der Feier zur Enthüllung des Mozart-Denkmales war und an dem Constanze Nissen immer wieder lebhaften Anteil nahm. Als erster künstlerischer Leiter dieses Vereins, der unter dem Protektorat des Erzbischofs Friedrich Fürst zu Schwarzenberg und unter seinem umtriebigen Sekretär Dr. Franz Edler von Hilleprandt einerseits Mozarts Erbe pflegen und andererseits das kirchliche und weltliche Musikleben Salzburgs auf eine neue Basis stellen sollte, wurde Alois Taux (1817-1861) berufen.

Constanze Nissen sollte die großen Feierlichkeiten zur Aufstellung des Mozart-Denkmales nicht mehr erleben. Wenige Tage nachdem das erste Modell für das Standbild eingetroffen war, am 6. März 1842, starb sie 80jährig. Da ihre beiden Söhne nicht in Salzburg weilten, übernahm es der „Dommusikverein und Mozarteum“, die Witwe Mozarts am 8. März 1842 würdig zu begraben. Die „Salzburger Zeitung“ berichtete:

Auf dem St. Sebastiankirchofe angelangt, wurde nach Beendigung der kirchlichen Feierlichkeiten bei dem Grabe der Verblichenen ein von dem Capellmeister Taux componirter vierstimmiger Gesang executirt, welcher, in melodiöser wie harmonischer Rücksicht gleich ausgezeichnet, durch seine edle Einfachheit und seelenvolle Innigkeit die mächtigste Rührung unter allen Anwesenden hervorbrachte. Zum Schlusse wurde noch in der Kirche das Regina coeli nach Abbè Stadlers Composition in würdigster Weise gesungen.

Am folgenden Tage fand in der St. Sebastiankirche ein feierlicher Trauer-Gottesdienst statt, […]. Das Orchester und der Gesangchor des Dommusikvereines executirte dabei mit ausgezeichneter Präcision das von Mozart gedichtete Requiem.

Der Texdichter des „vierstimmigen Chors von edler Einfachheit und seelenvoller Innigkeit“ ist unbekannt, vielleicht ist er mit dem Komponisten ident. Der Text nimmt sowohl Bezug auf die Aufstellung des Mozart-Denkmals als auch – im letzten Satz – auf die Reputation Constanzes als Frau des Genies, die gerade in den Streitigkeiten rund um die Echtheit des „Requiems“ KV 626 gelitten hatte.

Die Komposition steht in As Dur und ist zweiteilig, wobei der erste Teil – die Vertonung der ersten Gedichtstrophe – als Refrain fungiert. Da die Stimmen für Sopran und Alt fehlen, ist die Komposition leider unvollständig.

Dass die Komposition am 7. September 1842 im Beisein ihrer Söhne nochmals am Grabe Constanze Nissens im Friedhof St. Sebastian erklang, berichtet die Allgemeine Wiener Musik-Zeitung “:

Ein kleines Requiem, eine treffliche Arbeit, sowie ein Grabgesang / von A. Taux / wurde ein paar Tage (den 7. Sept.) nach Beendigung der Festlichkeit bei dem Trauergottesdienste für die Witwe Mozart zu St. Sebastian exekutirt (letzterer am Grabe). Eine ergreifende und zu Thränen rührende kirchliche Gedächtnisfeier, welcher die Söhne Wolfgang und Carl Mozart und die Frau Schwester der Verblichenen / Sophie Haibl / Herr Dr. v. Hilleprandt, Fräulein Gottlieb (die erste Pamina) und mehrere Fremde und Einheimische beiwohnten. Bei Aufführung dieser Musikstücke herrschte eben soviel Präcision und Richtigkeit, wie bei den früheren Ämtern, denen ich im Dom beizuwohnen Gelegenheit hatte.“