Astronomische Uhr

  • Entstehungszeitraum: 1704
  • Entstehungsort: Mattighofen
  • Objektart: Uhr
  • Autor/Künstler: Johann Baptist Ölperl/Matthias Fiederer
  • Artikel-Autor: Josef Sturm/Hemma Ebner
  • Material/Technik: Holz, Metall versilbert, vergoldet
  • Größe: H: 244 cm B: 92 cm T: 66 cm
  • Standort/Signatur: Stiftsmuseum Mattsee, Inv. Nr. 377
  • Physisch benutzbar: ja
  • Literatur:

    Franz Calliari (Hrsg.): Festschrift zur 1200-Jahr-Feier des Stiftes Mattsee, Mattsee 1977, S. 28-29

    Kunsthistorisches Institut der k. k. Zentral-Kommission für Denkmalpflege (Hrsg.): ÖKT X/II, die Gerichtsbezirke Mattsee und Oberndorf, Wien 1910

    Johann Baptist Ölperl: Problema novum de longitudine hydrographica primum inventa et in lucem edita, Salzburg o. J. (ca. 1700)

    Anton Sageder: Von Sonne, Mond und Himmel – und von guten und böswilligen Planeten am Firmament, in: Verein der Freunde des Stiftes Mattsee (Hrsg.), Mattseer Stiftsblätter, September 2007, Nummer 1/Jahrgang 8, S. 8-11

    https://de.wikipedia.org/wiki/Astronomische_Uhr [abgerufen am 20.01.18]

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Im Stiftsmuseum Mattsee befindet sich eine Astronomische Uhr, die im Jahr 1704 nach dem Vorbild der großen Astronomischen Uhr im Straßburger Münster gebaut wurde. Der Konstrukteur dieses Wunderwerks war Johann Baptist Ölperl, seines Zeichens Doktor der Theologie, apostolischer Protonotar, Kanoniker des Stifts Mattsee und Vikar in Mattighofen. Von 1713 bis zu seinem Tod im Jahr 1721 wirkte Ölperl als Dekan des Kollegiatstifts Mattsee. Seine eigentliche Leidenschaft galt jedoch zeitlebens der Mathematik und der Astronomie.

Astronomische Uhren zeigten nicht nur die Uhrzeit, sondern auch astronomische Gegebenheiten und astrologische Konstellationen an. Seit dem späten Mittelalter wurden sie in Kirchen aufgestellt oder an öffentlichen Gebäuden angebracht. Neben der Darstellung der verschiedenen Himmelsbewegungen sollten die Betrachter aber auch zum Nachdenken über die Schöpfung und über die eigene Vergänglichkeit angeregt werden. Dazu wurden etwa Figurenspiele benutzt, die diese Zusammenhänge deutlich machen sollten. So gesehen entsprach eine Astronomische Uhr dem barocken Weltbild.

In der Fachliteratur fand Dr. Johann Baptist Ölperl eine genaue Beschreibung der damals allseits bewunderten astronomischen Uhr im Straßburger Münster. Dieses beeindruckende, achtzehn Meter hohe technische Meisterwerk war zwischen 1540 und 1574 gebaut worden. Ölperl verfolgte nun ein ehrgeiziges Ziel: Er wollte die Straßburger Uhr in verkleinertem Maßstab möglichst in allen Kunststücken nachbauen. Dazu fand er im Mattighofener Uhrmachermeister Matthias Fiederer einen begeisterten Helfer. So entstand eine von den Bürgern viel bewunderte Uhr, die, wie man glaubte, auch geheimnisvolles Wissen über den Einfluss der Planeten auf menschliches Schicksal preisgeben könnte.

Bis heute ist es erstaunlich, welche technischen Finessen das knapp zweieinhalb Meter hohe Holzgehäuse birgt. Am Sockel befindet sich, zwischen geschnitzten Engeln und Wolken, eine große, aufwendig gravierte Metallscheibe. Sie zeigt den Sonnenaufgang und Untergang sowie die jeweilige Länge von Tag und Nacht, verbunden mit einer Stundenuhr. Darüber kreisen zierliche Triumphwägen, auf denen die personifizierten Planeten als Tagesregenten sitzen, um eine Viertel-Uhr, die zu jeder Viertelstunde schlägt. Das mittlere Hauptstück bildet das feuervergoldete lebendige Astrolabium, ein Beobachtungsinstrument sowohl für astronomische als auch astrologische Berechnungen. Es zeigt unter anderem die Conjunktionen und Oppositionen der Planeten, aus denen sich gutwillige oder böswillige Auswirkungen erschließen lassen. An den fünf darüber befindlichen, horizontal angeordneten Scheiben lassen sich die Epizyklien ablesen, welche die direkten oder rückläufigen Kreisbahnen der fünf kleinen Planeten beschreiben. Es folgt die Mondscheibe mit genauen Angaben der jeweiligen Phasen. Im Giebel kreisen beim Uhrenschlag die personifizierten Erdteile Afrika, Europa, Asien und Amerika. Bekrönt wird alles vom Auferstandenen und dem Tod, die einander den Rücken zukehren und sich zu jeder Viertelstunde zeigen. Darüber hinaus sind an der Uhr auch alle variablen Sonnen- und Mondesfinsternisse sowie die Festtage des Jahres ablesbar.

Neben dieser Astronomischen Uhr, seinem bedeutendsten Werk, konstruierte Johann Baptist Ölperl in seiner Mattighofener Zeit weitere mechanische Uhren und technische Instrumente. Er befasste sich intensiv mit mathematischen Studien, die er auch veröffentlichte. So erschien um 1700 bei Mayr in Salzburg eine in Latein abgefasste wissenschaftliche Arbeit über Problemstellungen der Gewässervermessung mit dem Titel: Problema novum de longitudine hydrographica primum inventa et in lucem edita. Darin wird unter anderem ein von ihm entwickelter mechanischer Schrittzähler vorgestellt. Zudem baute er sich nach und nach eine eigene Studiensammlung auf, bestehend aus verschiedenen Globen, einschlägiger Fachliteratur und mathematischen Instrumenten. Laut Testament hinterließ er fünfundzwanzig Uhren und Astrolabia, wovon die große Strassburger uhr samt denen zwey illuminierten globis dem Stift verblieben und heute im Stiftsmuseum Mattsee zu sehen sind. Auch die Bücher vermachte er dem Stift, die Instrumente von Mössing erhielten die Jesuiten der bayerischen Provinz.

Johann Baptist Ölperl war mehr als zwanzig Jahre lang Vikar in Mattighofen, bevor er am 3. April 1713 zum Dekan des Kollegiatstifts Mattsee gewählt wurde. Mit diesem Amt verbunden war die Leitung der damals inkorporierten Pfarre Obertrum, wo er die Pfarrkirche nach Mattseer Vorbild barockisieren und mit Stuck ausstatten ließ. Diese Kirche wurde jedoch beim verheerenden Ortsbrand von 1917 zerstört.

In Obertrum ließ er zudem den alten Pfarrhof, heute Lindenhof, neu ausstatten und errichtete daneben eine hölzerne private Einsiedelei samt Kapelle. Der turmartige, dreigeschossige Bau hat innen eingefügte winzige Emporen und ist mit Malereien in kräftigen Farben reich ausgestattet. Die fast 40 Einzelszenen, die oft an Theaterkulissen erinnern, zeigen endzeitliche Darstellungen und Szenen mit Eremiten.

Im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger Johann Sebastian Wisinger beschränkte sich Ölperl in Mattsee auf kleinere Baumaßnahmen. So sanierte er in der Pfarrkirche St. Laurentius die beiden Seitenaltäre und den Turm, errichtete ein Chorherrenhaus und ließ eine Gruft bauen. Neben einigen liturgischen Geräten und Bildern erhielt die Stiftskirche eine Weihnachtskrippe, einen Ölberg und ein Heiliges Grab, wichtige Anschaffungen im Sinne barocker Volksfrömmigkeit.

Er setzte ein Stipendium für Studierende aus, das in erster Linie an Mattighofener zu vergeben war.

Dr. Johann Baptist Ölperl starb am 14. Dezember 1721 und wurde in der Stiftskirche Mattsee begraben. Sein Epitaph aus Adneter Marmor befindet sich im nördlichen Querhaus. Die Inschrift würdigt den Naturwissenschaftler unter den Mattseer Dekanen: Sta viator et caelum e terra suspice. Hic iacet qui in terra viuesis sapius caelum dimensus est – Bleib stehen Wanderer und blicke zum Himmel auf von der Erde. Hier liegt, der auf Erden lebend öfters den Himmel vermessen hat.