Igelbund

  • Entstehungszeitraum: 20. Mai 1403
  • Entstehungsort: Salzburg
  • Objektart: Urkunde mit 35 angehängten Wachssiegeln
  • Autor/Künstler: Salzburger Ministerialen, Salzburger Städte
  • Artikel-Autor: Peter F. Kramml
  • Material/Technik: Pergament, Tinte, Wachs
  • Größe: 38,5x 59 cm
  • Standort/Signatur: Stadtarchiv Salzburg, Städtische Urkundenreihe
  • Physisch benutzbar: nein
  • Literatur:

    Heinz Dopsch, Salzburg im 15. Jahrhundert, in: Heinz Dopsch (Hg.), Geschichte Salzburgs. Stadt und Land, Bd. I/1, Salzburg 1983, S. 487–512.
    Hubert Schopf, Der Igelbund, in: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Igelbund,_1403.
    Peter F. Kramml, Sabine Veits-Falk u. Thomas Weidenholzer, Stadt Salzburg. Geschichte in Bildern und Dokumenten (Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg 16), Salzburg 2002.
    Peter F. Kramml, Im 14. Jahrhundert löste sich das Erzstift Salzburg vom Herzogtum Bayern (Der „Igelbund“), in: Verbündet, verfeindet, verschwägert. Bayern und Österreich. Katalog der Bayerisch-Oberösterreichischen Landesausstellung 2012, Bd. 1, Burghausen, Braunau, Mattighofen 2012, S. 170.

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1403 schlossen der Adel und die Bürger der Städte, an der Spitze die Stadt Salzburg, ein Schutzbündnis gegen die Willkür des erzbischöflichen Landesherrn. Die unterzeichneten Bündnispartner wollten einem künftigen Landesherrn erst huldigen, wenn dieser die Einhaltung alter Rechte verbriefte.

Die durch das Salzburger Stadtrecht von 1368/71 dokumentierte, relativ weit gediehene städtische Autonomie erfuhr in der Zeit der autoritären Regierung Pilgrims II. von Puchheim (1366–1396) massive Einschränkungen. Der Erzbischof beschnitt als starker Stadtherr die Rechte der Bürger gegenüber dem aufgezeichneten Stadtrecht in vielen Punkten.

Da der Puchheimer und sein Nachfolger Gregor Schenk von Osterwitz nicht bereit waren, den bürgerlichen Anliegen und auch den Forderungen des Adels zu entsprechen, schlossen 1403, nach dem Tod Erzbischof Gregors, 56 Vertreter des Salzburger Adels und die fünf landesherrlichen Städte Salzburg, Laufen, Tittmoning, Hallein und Radstadt ein Schutzbündnis zur Wahrung ihrer Interessen gegenüber dem erzbischöflichen Landesherrn. Dem künftigen Erzbischof wollten sie erst huldigen, wenn er sich urkundlich zur Abstellung der Missstände und zur Einhaltung der alten Rechte und Privilegien verpflichtete. Zudem wurde die Abhaltung jährlicher Landtage gefordert. Der Zusammenschluss zeigt, dass neben Adel und Prälaten auch das Bürgertum der Städte eine Beteiligung an der landesfürstlichen Politik beanspruchte.

Obwohl wenig später der Bischof von Chiemsee und weitere Adelige der Einung beitraten, konnten die erhobenen Forderungen, darunter nach jährlichen Landtagen, nicht durchgesetzt werden. Der neue Erzbischof, Eberhard III. von Neuhaus, versprach zwar zunächst Abhilfe, setzte dann aber die autoritäre Politik seiner Vorgänger fort. Der Weg zum landesfürstlichen Absolutismus war vorgezeichnet.

Der Name „Igelbund“, den diese Einung erhielt, ist wahrscheinlich von der am 20. Mai 1403 ausgestellten Bündnisurkunde abgeleitet, an der auf allen vier Seiten die Siegel der Verbündeten wie die Stacheln eines Igels angebracht sind. Das große Siegel der Stadt Salzburg nimmt den zentralen Platz ein und dokumentiert das damalige Selbstbewusstsein und das in der wirtschaftlichen Potenz begründete politische Gewicht der Haupt- und Residenzstadt.

Die wirtschaftliche Blüte, die das Bürgertum in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts erlebte, fand nicht nur in großzügigen Stiftungen für das Bürgerspital und die Stadtpfarrkirche ihren Ausdruck, sondern auch in dem immer stärker werdenden Mitspracherecht in politischen Angelegenheiten der Stadt und in einem zunehmenden Anteil am Stadtregiment. 1407 erwarb die Stadtgemeinde den „Keutzlturm“, der samt Nebengebäuden zu einem Rathaus umgestaltet wurde und nun auch die wichtigsten städtischen Urkunden sowie Protokoll- und Kopialbücher beherbergte. Im zweiten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts setzen die sogenannten „Sendbriefe“, Kopien des ausgelaufenen städtischen Schriftverkehres, ein. Mit dem Jahr 1441 beginnt das älteste der „Bürgerbücher“. Die ab diesem Zeitpunkt lückenlos dokumentierten Bürgeraufnahmen lassen die Verschiebung der Machtverhältnisse zugunsten der Bürgerschaft erkennen. Die Bürgermeister entschieden über die Aufnahme von Neubürgern, die Stadtgemeinde erhielt die Taxen. Der vom Neubürger geleistete Bürgereid beinhaltete die Verpflichtung zu Gehorsam und Hilfe gegenüber dem Stadtrichter als Vertreter des Erzbischofs, aber auch gegen Bürgermeister und Stadtrat.