Kundschaftsbrief für einen Schuhmachergesellen

  • Entstehungszeitraum: um 1790, unterzeichnet 1798
  • Entstehungsort: Salzburg
  • Objektart: Urkunde
  • Autor/Künstler: Franz Nagnzaun
  • Artikel-Autor: Thomas Weidenholzer
  • Material/Technik: Papier, Ätzradierung (Vordruck mit Leerstellen), Tinte
  • Größe: 32x46 cm
  • Standort/Signatur: Stadtarchiv Salzburg, Zunftarchivalien 554
  • Physisch benutzbar: ja
  • Literatur:

    Heinz Dopsch, Handel und Handwerk. Die Grundlagen der städtischen Wirtschaft, in: derselbe u. Robert Hoffmann, Geschichte der Stadt Salzburg, 2. Aufl. Salzburg 2008, S. 228–263.
    Peter F. Kramml, Sabine Veits-Falk u. Thomas Weidenholzer, Stadt Salzburg. Geschichte in Bildern und Dokumenten (Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg 16), Salzburg 2002.

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Arbeitszeugnis des Handwerks der bürgerlichen Schuhmacher für Marcus Klainschwirr aus Langwaden mit einer Stadtansicht aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert.

Der Kundschaftsbrief für einen Schuhmacher-Gesellen datiert aus dem Jahr 1798. Das in einem Vordruck von Franz Nagnzaun ausgestellte Arbeitszeugnis für Marcus Klainschwirr aus Langwaden im Rheinland stammt aus einer Zeit des Niedergangs des Handwerks, dem allerdings noch schlechtere Zeiten folgen sollten. Salzburg wird als Beschäftigungsort durch die Stadtansicht, das Stadtwappen, die hll. Rupert und Virgil und das Gnadenbild von Maria Plain veranschaulicht. Mit der Darstellung des Tobias, dem Patron der Reisenden mit den Attributen Engel, Hund und Wal, sollte dem Gesellen Schutz auf seiner Wanderung zuteilwerden, wie es auch in dem Spruchband über der Stadtansicht zum Ausdruck kommt.

Das städtische Handwerk hatte seine überwiegend kleingewerblich-mittelständische Struktur der Frühen Neuzeit beibehalten. Die sich nach 1600 vermindernde Handelstätigkeit und die dadurch schwindende Kaufkraft der Bevölkerung mündete in einem allmählichen, Ende des 18. Jahrhunderts dann fast völligen Niedergang des Handwerks. Die Überbesetzung mancher Erwerbszweige, vor allem jedoch die zünftischen Beschränkungen beim Rohstoffankauf und dann beim Verkauf der Waren, führten zunehmend zu Konkurrenzunfähigkeit und Absatzschwierigkeiten. Darüber hinaus wurde im Sinn merkantilistischer Ideen die außerzünftige Produktion gefördert und neue vorindustrielle Herstellungsmethoden wurden zu einer äußerst starken Konkurrenz für manchen alten Handwerkszweig.

Folgenschwer wirkte sich die Säkularisation des Erzstiftes und die nach fünfmaligem Regierungswechsel innerhalb von 13 Jahren erfolgte Eingliederung Salzburgs in die Habsburgermonarchie auf das Wirtschaftsleben aus. 1816 wurde Salzburg zu einer Kreisstadt degradiert. Der Verlust des Regierungssitzes und der Unterbehörden hatte eine sogartige Wirkung auf Gewerbe und Handel. Zahlreiche arbeitslose Beamte verließen mit ihren Familien die Stadt. Es ging dabei nicht nur die Einkommens- und Beschäftigungswirkung des Staatshaushaltes verloren, es unterblieben auch die wirtschaftlichen Impulse der repräsentationsbedürftigen Privathaushalte, die Arbeitsplätze für Dienstboten schufen und zugleich Hauptabnehmer von Luxus- und Modeerzeugnissen waren. Viele Umlandbewohner/innen, die früher Behördengänge mit Einkäufen in der Stadt verbunden hatten, blieben aus. Zahlreiche Wohnungen standen leer, die Mietpreise sanken. Die schlechte Auftragslage des Gewerbes zwang zu Entlassungen. Zahlreiche arbeitslose Handwerksburschen zogen im Land umher.