W. A. Mozart: Requiem KV 626, Flötenstimme (Detail)

  • Entstehungszeitraum: um 1805
  • Entstehungsort: Salzburg
  • Objektart: Notentext, Musikhandschrift
  • Autor/Künstler: Luigi Gatti (1740-1817)
  • Artikel-Autor: Lars E. Laubhold
  • Material/Technik: Papier, Tinte
  • Größe: H: 29 cm; B: 22 cm
  • Standort/Signatur: Archiv der Erzdiözese Salzburg, Musikaliensammlung, Bestand Dommusikarchiv, A-Sd A 1349
  • Physisch benutzbar: ja
  • Literatur:

    Eva Neumayr u. Lars E. Laubhold, Quellen zur Rezeption des Requiems von W. A. Mozart in Salzburg im 19. Jahrhundert, in: Mozart-Jahrbuch 2009/10, Kassel u.a. 2012, S. 187-209.

    https://opac.rism.info/metaopac/start.do?View=rism (Suchcode: A-Sd A 1349)

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Am 18. August 1806 führten die Musiker der Salzburger Hofmusik zu Ehren des wenige Tage zuvor verstorbenen und in St. Peter begrabenen Johann Michael Haydn in der Universitätskirche das Requiem Wolfgang Amadé Mozarts auf. Vermutlich für diese Aufführung fertigte der letzte Salzburger Hofkapellmeister Luigi Gatti eigenhändig eine Adaption des Posaunen-Solos im »Tuba mirum« für Flöte an.

Das Notenmaterial zu dieser Aufführung, die einer der letzten Einsätze der Salzburger Hofmusik in ihrer alten größe gewesen sein dürfte, konnte erst im Sommer 2009 im Zuge von Katalogisierungsarbeiten im Dommusikarchiv identifiziert werden. Es handelt sich um einen heute unvollständig überlieferten Stimmensatz, dessen ältester Bestand aus 26 Stimmen von sieben verschiedenen Schreibern besteht. An dessen Herstellung war auch der seinerzeitige Hofkapellmeister Luigi Gatti beteiligt, der anscheinend die Gesamtherstellung überwachte und fehlende Teile sowie Instrumentenbezeichnungen in den Stimmen anderer Schreiber ergänzte. Er dürfte es auch gewesen sein, der die Musik den Salzburger Aufführungskonventionen und den besonderen Umständen des Anlasses anpasste. Im »Tuba mirum«, jenem Satz, in dem schon in der im Jahr 1800 erschienen Erstausgabe das ursprünglich für Posaune konzipierte Instrumental-Solo fälschlich dem Fagott zugewiesen worden war, fügte Gatti eine weitere Stimme für Flöte hinzu, die großteils Mozarts Original folgt, teilweise aber auch beträchtlich davon abweicht und eine echte Neukomposition darstellt.

Gattis Bearbeitung könnte aus gegebenem Anlass für den Flötisten Georg Schinn, einen Schüler und Freund Michael Haydns, entstanden sein. Schinn, der in jungen Jahren seine Ausbildung in Salzburg genossen hatte, war ursprünglich Musiker der Hofkapelle in Eichstätt und wurde beim Regierungsantritt Ferdinands von Toskana gemeinsam mit anderen Eichstätter Musikern in Salzburger Dienste übernommen. Hier gehörte er zum engeren Kreis von Haydns Freunden, die nach dessen Tod auch seine erste Biographie herausgaben. Es liegt nahe anzunehmen, dass Schinn durch Gattis Bearbeitung die Möglichkeit erhielt, dem Verstorbenen auch musikalisch die letzte Ehre zu erweisen.

Seit dieser Zeit fanden in Salzburg mit zunehmender Regelmäßigkeit Aufführungen von Mozarts Requiem statt, wobei der vorliegende Stimmensatz vermutlich bis ins frühe 20. Jahrhundert verwendet wurde. Dabei nahm die Musik allmählich den Charakter einer offiziellen Begräbnismusik für prominente Salzburger Persönlichkeiten an, wie aus zahlreichen Eintragungen beteiligter Musiker hervor geht. Unter den so geehrten waren neben Salzburger Bürgermeistern, Personen des Adels und der hohen Geistlichkeit auch prominente Salzburger Musiker wie der erste Leiter der Musikschule »Mozarteum« Alois Taux (†1861), Chordirektor und Lehrer am »Mozarteum« Leopold Deisboeck (†1870) oder der Mitbegründer des »Dommusikverein und Mozarteum« Franz Edler von Hilleprandt (†1871). Zahlreiche Eintragungen belegen auch eine Aufführung zur Salzburger Mozartfeier im Juli 1891, bei der u.a. der 16-jährige Hugo von Hofmannsthal zugegen war. Für eine weitere Mozart-Feier reiste die Dommusik (und mit ihr das vorliegende Aufführungsmaterial) im Dezember 1891 sogar bis nach Brünn.