Kachelofen von 1662

  • Entstehungszeitraum: 1662
  • Entstehungsort: Radstadt
  • Objektart: Kachelofen
  • Autor/KĂĽnstler: Radstädter Keramik, Andree Godtfried (?)
  • Artikel-Autor: Hemma Ebner
  • Material/Technik: Ton, reduzierend gebrannt, getriebenes Kupfer, Schmiedeeisen
  • Größe: H: 200 cm; B/T: 100 cm
  • Standort/Signatur: Altenmarkter Heimatmuseen Hoamathaus & Dechantshoftenne, Inv. Nr. 210
  • Physisch benutzbar: ja
  • Literatur:

    Hottenroth Johanna und Hans-Hagen, Die Radstädter Keramik, Eigenverlag Scheibbs 2002
    Kachelofen: https://de.wikipedia.org/wiki/Kachelofen [22.11.19]
    Hartmann Kunstlexikon: http://www.beyars.com/kunstlexikon/lexikon_a_1.html [22.11.19]

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Die Hafnerei, die Erzeugung von Gebrauchskeramik und Ofenkacheln hatte im Ennspongau eine jahrhundertelange Tradition. Reiche Tonvorkommen im Gebiet von Radstadt und Altenmarkt boten die Grundlage für dieses wichtige Gewerbe. Im Museum in Altenmarkt befindet sich in der sogenannten Anichhofstube ein Kachelofen aus Radstädter Erzeugung, dessen mattglänzende dunkelgraue Kacheln einen springenden Hirsch vor einer stilisierten Burg sowie die Jahreszahl 1662 zeigen.

Seit jeher ist in unseren Breiten ein gut funktionierendes Heizungssystem unabdingbare Notwendigkeit. Vor allem im bäuerlichen Bereich war das offene Herdfeuer in der Küche lange Zeit einzige Wärmequelle und Lebensmittelpunkt – besonders in der kalten Jahreszeit. Der Rauch entwich noch ohne Kamin durch das Dachgebälk.

Eine entscheidende Verbesserung brachte der Kachelofen, der sich vermutlich aus dem Backofen entwickelte. Durch das Beheizen von der Küche oder vom Flur aus („Hinterladerofen“) gelangte der Rauch nicht mehr in die Stube. Gleichzeitig wurden die Innenwände des Kachelofens beheizt und die Wärme – durch Verschließen des Ofens nach dem Abbrand – darin gespeichert. Der Einbau von keramischen Elementen, den Ofenkacheln, bewirkte zudem eine bessere Wärmeabgabe an den Raum.

Kachelöfen finden sich zunächst in Burgen, Schlössern, Klöstern und im urban-bürgerlichen Bereich. Mit der Entwicklung von reliefverzierten Kacheln im Spätmittelalter übernahmen Kachelöfen repräsentative Funktionen. Erst am Beginn der Neuzeit hielten sie auch in Bauernhäusern Einzug.

Bei der handwerklichen Erzeugung von Ofenkacheln wird zunächst eine gleichmäßig dicke Tonplatte vom vorbereiteten Block abgezogen und am Negativrelief des Models angedrückt. An der Rückseite wird der sogenannte „Steg“ aufgebracht, der später beim Verbauen die nötige Stabilität gibt und die Verbindung der Ofenkacheln untereinander ermöglicht. Hier werden auch Schamotteplatten zur besseren Wärmespeicherung eingesetzt. Nach dem Versäubern des Randes und der Abnahme vom Model erfolgt die Weiterverarbeitung (Trocknen, Schrühbrand, Glasieren, Glasurbrand) wie bei anderen keramischen Erzeugnissen. Obwohl diese Abläufe recht einfach scheinen, setzen sie große Erfahrung und Geschick voraus.

Der Kachelofen im Museum in Altenmarkt ist in mehrerlei Hinsicht bedeutsam: Er ist einer der wenigen komplett erhaltenen Hinterlader-Kachelöfen dieser Art und Belegexemplar der Radstädter Fertigung aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Auch das Wasserschiff aus Kupfer dürfte noch aus dieser Zeit stammen. Ursprünglich befand sich der Ofen beim Seetalbauern in Schwemmberg (Gemeinde Altenmarkt), und wurde bei der Einrichtung des Museums Anfang der 1980er Jahre hier wiederaufgebaut. Die anthrazitfarbenen Kacheln lassen sich der „Schwarzhafnerware“ zuordnen. Dazu wurde dem Ton meist ein gewisser Anteil an Graphit beigemengt und die Oberfläche der Rohlinge im lederharten Zustand sorgfältig geglättet. In einem speziellen Brennverfahren, dem sogenannten „Reduktionsbrand“, musste der Ofen während des Brennprozesses luftdicht verschlossen werden. Dabei erhielt der Scherben seine charakteristische dunkle Färbung und wurde – auch ohne Glasur – säurefest und wasserabweisend. Ihre Blütezeit erlebte die Schwarzhafnerware im späten Mittelalter, die beliebtesten Erzeugnisse waren Vorratsgefäße und Gebrauchsgeschirre. Umso bemerkenswerter ist die Anwendung dieser Technik bei Ofenkacheln.

Die Radstädter Hafner lassen sich aufgrund der fehlenden Urkunden erst ab ca. 1640 – von da an aber weitgehend lückenlos – nachweisen. Sicherlich hat dieses Handwerk im Ennspongau bereits viel früher existiert. Der Überlieferung zufolge wurde bereits Mitte des 16. Jahrhunderts in Radstadt Ton in der „hochfürstlichen Frei“ (möglicherweise heute Ortsteil Höggen?) abgebaut. Auch an der Taurach soll es guten Töpferton gegeben haben. Als Eigentümerin verpachtete die Stadt Radstadt die „Hafnerhütte“ samt der darin befindlichen Werkstatt an den jeweiligen Hafner. Das Gewerbe dürfte zu diesem Zeitpunkt geblüht haben, denn in den 1680ern konnte der damals tätige Hans Gottfried einen Laden am Rathaus, zur Aufbewahrung und zum Verkauf von Töpferwaren mieten und zudem eine eigene Werkstatt errichten, wo er das ganze Jahr arbeiten konnte. So bestanden noch im 19. Jahrhundert neben der „Hafner Hitten vor dem Obern Thor“ auch die „Neue Hafner Werchstatt außer der Statt, ain Präuhaus, ain Hofstatt, ain Hittn nechst der Hafnerhitten“ und ein 1713 bewilligtes „Treschtendl“.

Der wirtschaftliche Niedergang des Erzstiftes in napoleonischer Zeit und die schwierigen Verhältnisse Anfang des 19. Jahrhunderts machten auch vor den Radstädter Hafnern nicht halt, die nun mit der Ziegelerzeugung ihr Brot verdienten. Die Tochter des „Ziegelbrenners“ Melchior Schaidreiter heiratete 1852 den aus Nepomuk in Böhmen stammenden Hafner Franz Fiala, der das Unternehmen neu strukturieren konnte und wieder zum Florieren brachte. Mehr als hundert Jahre lang war der Name Fiala ein Synonym für hochwertige Gebrauchskeramik, besondere Kachelöfen und künstlerische Keramik.

Die Firma Fiala besaß ein umfangreiches Archiv mit historischen Modeln für Ofenkacheln, das die Nachbildung von Öfen nach alten Vorbildern ermöglichte. Das vielleicht prominenteste Beispiel dafür ist der sogenannte „Jagdofen“ mit Renaissancemotiven im Schloss Blühnbach, der 1910 im Auftrag des damaligen Besitzers Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este angefertigt wurde.

Zudem förderte die Radstädter Keramik junge Talente. Vor allem im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts war sie Wirkungsstätte von Keramikkünstlern wie Leo Miller, Hilde Heger und Nikolaus von Martiny, die sich von hier aus weiter verwirklichen konnten. 1964 wurde die Keramikfabrik Fiala für immer geschlossen.