Dem Erzbischof von Salzburg gelang es im Spätmittelalter, ein geschlossenes Herrschaftsgebiet aufzubauen. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts war Salzburg ein eigenes geistliches Fürstentum mit dem Fürsterzbischof als geistliches und weltliches Oberhaupt. An der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert hatte dieses neue Land Salzburg seine größte Ausdehnung und die stückweise Erwerbung des heutigen Flachgaus fand mit dem Kauf der Herrschaften Mattsee und Straßwalchen 1398 ihren Abschluss. Das Erzstift Salzburg blieb bis zur im Reichsdeputationshauptschluss 1803 verfügten Säkularisation bestehen und kam nach einigen wechselvollen Jahren 1816 endgültig zu Österreich.
Erzbischof Eberhard II. – „Vater des Landes Salzburg“
Unter Erzbischof Eberhard II. (1170–1246, ab 1200 Erzbischof), ein Parteigänger Kaiser Friedrichs II. und Vermittler zwischen Kaiser und Papst, kam es durch die Erwerbung von Grafschaften und Herrschaften und durch den Einzug von Vogteirechten zum Aufbau eines großen geschlossenen Territoriums. Er wird daher oft als „Vater des Landes Salzburg“ bezeichnet. Während die benachbarten Bistümer Brixen und Trient damals von ihren weltlichen Schutzherren (Vögten), den Grafen von Tirol, in das werdende Land Tirol eingebunden wurden, setzte Eberhard in Salzburg die Entmachtung der Vögte durch. Rechtsprechung und Verwaltung übertrug er den von ihm eingesetzten Beamten und sicherte damit den Bestand der geistlichen Herrschaft für Jahrhunderte. Eberhard II. zog die Vogteirechte der Grafen von Peilstein ein, erwarb alle Rechte im Lungau, wurde mit den Grafschaften im Ober- und Unterpinzgau belehnt und sicherte sich das Herrschaftsgebiet der Grafen von Lebenau.
Die Nachfolger Eberhards II. setzten diese Erwerbspolitik fort und so gelangten die Grafschaftsrechte im Lungau, die Herrschaften und Gerichte der Grafen von Plain und das Gasteinertal an die Erzbischöfe von Salzburg. Die einzelnen Gebiete der Salzburger Kirche bildeten jedoch noch kein geschlossenes Gebiet. Vielmehr mussten die Erzbischöfe in mühevollen Einzelaktionen – durch Kauf, Verpfändung, gewaltsame Eroberung oder erzwungene Lehensauftragung – Burgen, Grundbesitz und Eigenleute in Grafschaften, Gerichtsbezirken und Herrschaften vom dort ansässigen Adel erwerben.
Die Loslösung von Bayern
Die Erzbischöfe von Salzburg waren zwar Reichsfürsten und bauten sich ein geschlossenes Herrschaftsgebiet auf, doch galt dieses immer noch als Teil des Herzogtums Bayern.
Die landrechtliche Lösung von den Herzogtümern Bayern und Kärnten und damit die Anerkennung als eigenes Land gelang Salzburg erst in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts (Schlacht bei Mühldorf 1322, Landesordnung 1328). Gerade die Landesordnung 1328 war eine demonstrative Abkehr vom Bayerischen Rechts- und Friedensbereich. In der Bergordnung für Gastein und Rauris 1342 sprach Erzbischof Heinrich von Pirnbrunn erstmals von seinem „Land“. Mit dieser Loslösung verlor Salzburg allerdings die Stellung als Metropolitansitz der bayerischen Kirchenprovinz.
Der Erwerb der Herrschaft Mattsee
In der Mitte des 14. Jahrhunderts war die Herrschaft Mattsee noch nicht endgültig Teil des Landes Salzburg, denn sie gelangte als letzter Teil des heutigen Bundeslandes 1398 endgültig von Passau zu Salzburg. Bereits 1357 musste Bischof Gottfried von Passau die für das Bistum aufgrund der Lage im Grenzgebiet zwischen Bayern und Salzburg strategisch bedeutende Burg Mattsee an Erzbischof Ortolf von Salzburg verpfänden. Danach waren Herrschaft und Burg in der Hand der Kuchler, der Aichhaimer und des Ritters Mertein von der Alm, bis Bischof Georg von Passau und sein Domkapitel 1390 gezwungen waren, Burg, Herrschaft und Pfleggericht Mattsee an den energischen Salzburger Erzbischof Pilgrim II. zu verkaufen. Die endgültige Sicherung der Herrschaft Mattsee gelang erst seinem Nachfolger Erzbischof Gregor Schenk von Osterwitz, der sie am 12. April 1398 mit allen Urbaren und Zugehören, dazu auch das Gericht auf dem Höchfeld mit dem Markt Straßwalchen, von Bischof Georg von Passau um 15.000 Pfund Wiener Pfennige erwarb.
Die Pfarren in der Herrschaft Mattsee
Dass sich weltlicher und geistlicher Herrschaftsbereich nicht decken müssen sieht man daran, dass das Bistum Passau bis ins 19. Jahrhundert das geistliche Oberhaupt von Mattsee und dem Stift blieb. Obwohl die Herrschaft bereits 1398 vom Salzburger Erzbischof erworben wurde, kamen die Stiftspfarre Mattsee und ihre Filialen Obertrum, Schleedorf und Seeham erst 1807/08 kirchlich zur Erzdiözese Salzburg.
Das Ende des geistlichen Fürstentums
Das eigenständige Erzstift Salzburg blieb bis zur Säkularisation 1803 bestehen. Seit 1803 bildete das Gebiet des ehemaligen geistlichen Fürstentums Salzburg bis 1805 mit Berchtesgaden sowie den Pfründen des Hochstiftes Passau und des Bistums Eichstätt das Kurfürstentum Salzburg. Von 1805 bis 1809 bestand das habsburgische Herzogtum Salzburg, zu dem auch Berchtesgaden gehörte. 1809 stand Salzburg unter französischer Verwaltung und ab 1810 war es als Salzachkreis ein Teil Bayerns, wobei die alte Salzburger Stadt Mühldorf zum Isarkreis und Matrei zu Villach geschlagen wurden. Nach dem Wiener Kongress kam Salzburg 1816 endgültig zu Österreich und wurde als fünfter Kreis an das Land ob der Enns angegliedert.
Das Land- und Pfleggericht Mattsee bestand auch noch in der Habsburgermonarchie und wurde als Bezirksgericht erst in der Zwischenkriegszeit 1923 aufgelöst.
Transkription
Die Originalurkunde vom Kauf der Herrschaft Mattsee liegt im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien. Daneben gibt es allerdings Abschriften im Stiftsarchiv Mattsee (z. B. im Mattseer Traditionsbuch) und in den Salzburger Kammerbüchern sowie Einzelkopien. Diese Abschrift aus dem Archiv der Erzdiözese Salzburg stammt aus dem 17. Jahrhundert und entspricht nicht dem originalen Wortlaut der mittelalterlichen Urkunde, sondern ist dem frühneuzeitlichen Sprachstil entsprechend verfasst. Außerdem ist das Eschatokoll (Schlussteil) in der Abschrift stark gekürzt. Das Datum ist in der Originalurkunde mit Freytag in der Osterwochen Nach Krists gepurd dreczehenhundert Jar und darnach in dem Acht und Newntzigisten Jare angegeben.
Wür Jörig [Georg] von Gottes Genaden Bischove
zu Passau, Ich Otto von Layming Thum Probst,
Ich Hanns von Sayging Dechant und des ganzen
Capitul des Gottshaus zue Passau bekhen=
nen für uns und all unser Nachkhommen
und thuen khundt offentlich mit dem brief
allen die ihn sechen oder hören läsen, daß
wür vleissigklig betracht haben und ange=
sechen haben die großmerkhlich Geltschuld
und Notturfft, darin unser Gottshaus da=
selbst zu Passau von schweren langen Khriegen
und mancherlay hertter Leü[tt] und Sachen wegen
gefallen ist, davon wür täglich groß Unkher
und verderblich Schäden gelitten und lange
Zeit genommen haben, und darumben haben
wür mit gueter Vorbetrachtung und zeitigen
Rath des Ehrwürdigen unsers obgenannten
Capitels, und ander unser, und unsers Gotts=
haus Räth und lieben Gethreuen dem Ehr=
würdigen in Gott Vatter unserem genedigen
Herren Gregorien, Erzbischoven zue Salzburg
Legaten des Stuels zu Rom [etc.] seinen Nachkhomen
und Gottshaus, verkhaufft und zu khauffen geben
haben, und geben auch wissentlich in Craft dieses
Berichts, unser und unsers gottshaus Herrschaft
und Vesst zu Mattsee, mit allen Urbaren und
Zugehören, mit Leithen, mit Gueth, mit Man=
schaft, mit Gericht, mit Vogtey mit Aigenschafft-
Leith und Güether, mit Wildtpän, mit Geiaidt,
mit Vischwaidt mit Veldern, Holz Waidt, Wießmadt,
Wasserleuffen, mit Zügen, gehn der Straß,
mit allen Ehren, Würden, Nüzen, Gesuechen,
und Gewälden, die von Recht oder von alter Her=
khommen seind, Gewonheit darzuegehören. Und
als wür und unser Gottshaus zu Passau,
das in Nuz-Gwalt, und Gwer hergebracht
haben umb funffzechentausent Pfundt gueter
Wiener Pfenning, der wür ganz und gar, von
ihn gericht, und gewerth sein ohne all unserem
Schaden. So haben wür auch all Aigenschafft
geweldt und Zuegehörung, die wür und unser
Gottshaus [zu Pazzaw] daselbst zu Mattsee gehabt, und auch
in Nuz und Gwer herbracht haben, ihn gar
und ganz verkhaufft und geben. Geben auch
wissentlich mit dem brief, aus unser und
unsers gottshaus zu Passau Handt-Gewalt, Nuz
und Gwer, in sein, seines gottshaus zu Salz=
burg, und seinen Nachkhommen, sandt Gwalt
Nuz und Gwer, ewiglich, als ander ihr aigen
Gueth zu besizen, ohn unser, unser nachkhomen
und gottshaus zue Passau, und aller weniglich
Irrung und Widerredt; wan wür uns daran
khein Recht behalten wöllen in weltlichen Sachen
wenig noch vill, ohn alles geväre, ausge=
nommen nemblich die Lechenschafft der Probstey
der khürchen daselbst zu Mattsee, und aller
Bischoflichen Rechten, die haben wür uns, un=
seren Gottshaus und allen unseren Nachkhommen,
Bischouen zu Passau genzlich behalten, als
unser Vorfodern, wür und unser Gottshaus,
das alles von alter daselben gehabt hat, und
auch ausgenommen mit namme aller deren
Rechten, die ein Probst, Dechant und Chorherr
und das Capitl dbst [daselbst] zu Mattsee habent, die
recht alle sollen unverrukht bleiben, sunder sye
sollen bestehen und bleiben in aller mass,
als die von alter seind herkhommen, schlechlich
und ohn alles Gevär. Mit Urkhundt unter
unseren und unsers Gottshaus Sigill geben
zu Passau Donnerstag, nach den heiligen Oster=
tag Anno Domini 1398.