Das Voglmaierhaus in Rauris, ein repräsentatives Gewerkenhaus aus der Hochblüte des Bergbaues im Rauriser Tal (erste Hälfte 16. Jahrhundert) hieß in früheren Jahrhunderten auch „Zottenschlössl“ nach der berühmten Gewerkenfamilie Zott, die die Geschichte des Hauses wesentlich prägte und das Anwesen in Form eines typischen Salzburger Edelmannsitzes ausbaute.
Die Nachrichten über das spätere Voglmaierhaus reichen in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurück: Um das Jahr 1460 erhielt Lienhart (Leonhard) von Friedenspach der Jüngere von Erzbischof Sigmund I. von Salzburg (1452-1461) eine Hofstatt samt Garten zu Gaispach (so hieß der Ort Rauris in früheren Zeiten) als Lehen verliehen. Auch der folgende Erzbischof Burkhard (1461-1466) bestätigte dem Friednspacher sein Lehen („ain Gütl daselbs [zu Gaispach] genannt das Strennlehen“).
Einige Jahre später wechselte „des Schremleins Hofstat zu Gaispach“ zur reichen Familie Strochner; die Brüder Konrad und Hans Strochner waren – wie bereits ihr Vater Marx Strochner – erzbischöfliche Richter zu Gastein und Rauris sowie Pfleger zu Klammstein und erzbischöfliche Wechsler zu Gastein (die wichtigste Funktion für die Einnahmen der Erzbischöfe aus dem Gold- und Silberbergbau). Infolge ihres großen Reichtums stifteten sie auch das älteste Armenspital beim Wildbad Gastein, das Jahrhunderte hindurch vom Salzburger Bürgerspital genutzt und verwaltet wurde.
Die letzte Verleihung der Liegenschaft an Hans Strochner datiert vom 4. April 1492. In den folgenden Jahren hat entweder er selbst oder seine Erben die „Hofstat des Schremlein zu Gaispach“ an die verwandten Herren von Kuenburg, von welchen die Zott das Bauerngut kauften, abgegeben.
Die Zott am Voglmaierhaus in Rauris:
Die Zott, ein bedeutendes Gewerkengeschlecht für den Rauriser und Gasteiner Bergbau, treten in Rauris erstmals mit Christoph Zott dem Älteren (+ 1515) in Erscheinung. Auch er hatte seine Wohnung bereits in Gaisbach (=Rauris), jedoch läßt sich nicht sicher bestimmen, wo diese Behausung stand. Es entbehrt nicht einer gewissen Wahrscheinlichkeit, daß er bereits in „Schremleins Hofstat“, dem späteren Voglmaierhaus, gewohnt hat.
Sicher läßt sich das erst von seinem Sohn Hans (+ 1544), einem der bedeutendsten Gewerken aus der Familie Zott, sagen. Dieser war es auch, der um 1540/41 das „Schramblehen“ – wie das Gut nun bezeichnet wurde, wo er bereits längere Zeit wohnhaft war, vom erzbischöflichen Pfleger von Stall im Mölltal, Balthasar von Kuenburg, kaufte; d. h. er kaufte dem Kuenburger, der das gesamte Gut als erzbischöfliches Ritterlehen besaß und gegen jährlichen Zins an die Zott weitergegeben hat, diesen jährlichen Dienst ab und nahm es gemeinsam mit seinem Bruder Martin Zott vom Salzburger Erzbischof zu Ritterlehen (1542) (vor der erstmaligen Ritterlehenverleihung durch den Erzbischof mußten die Zott ihre Rittermäßigkeit, ihren Adel, nachweisen; dabei erwähnten sie, daß sie von Kaiser Friedrich III. den Adel verliehen bekommen haben; dieser Adelsbrief sei dann von Kaiser Maximilian I. und schließlich von König Ferdinand I. bestätigt worden).
Ungefähr zur selben Zeit dürfte auch der gewaltige massive Steinbau am „Schramblehen“, das zuvor nur ein Bauerngut gewesen ist, aufgeführt worden sein. Entsprechend den gestiegenen wirtschaftlichen Erfolgen im Rauriser Goldbergbau entstand nun eine standesgemäße Gewerkenbehausung ganz aus Stein, das größte noch dazu gemauerte Bauwerk im Markt Gaisbach (=Rauris). Die gesamte ökonomische Macht der Familie des Hans Zott sollte sich in diesem einmaligen, mit Gewölben im Erdgeschoß und Obergeschoß versehenen Bauwerk manifestieren; die Ähnlichkeit mit den typischen Salzburger Edelmannssitzen ist sicherlich beabsichtigt: Die heute an allen vier Ecken des massiven Baues sichtbaren Erker dürften ursprünglich als kleine Ecktürmchen über die Dachtraufe hochgeführt gewesen sein, um den wehrhaften Eindruck des Baues zu verstärken; noch im Jahr 1708 wurde das Haus als „Zottenschlössl“ bezeichnet!
Nach dem Tod des überaus aktiven und erfolgreichen Gewerken Hans Zott um das Jahr 1544 ging neben allen übrigen Besitz auch das „Haus zu Gaißpach, das Schramblehen genant“ in den Besitz seiner Kinder Joseph, Marx (=Markus), Egidi und Martha über. Nach dem sehr frühen Tod des Marx Zott im Jahr 1554 wurde der gemeinsame Besitz geteilt. Bei dieser Aufteilung der Salzburger Ritterlehen bekamen schließlich die Kinder des verstorbenen Marx Zott mit Namen Sigmund, Katharina und Margarethe unter anderem auch das Haus zu Gaisbach zugesprochen. Nach dem frühzeitigen Tod der Katharina teilten die beiden Geschwister im Jahr 1571 neuerlich ihre Besitzungen, wobei das Haus zu Gaisbach der Margarethe Zott, die inzwischen mit Hans Sebastian Überacker zu Sieghartstein verheiratet war, zugefallen ist.
Da sich ihr Sohn Abraham Überacker nicht mehr im bereits verlustbringenden Goldbergbau engagierte, sondern als erzbischöflicher Pfleger von Alt- und Lichtentann (=Gericht Neumarkt) auf seinem väterlichen Schloß Sieghartstein residierte, verkaufte sie gegen Ende ihres Lebens (um 1618) ihre Lehengüter – darunter auch das „Zottische Haus“ oder „Handelshaus“ zu Gaisbach – an ihren zweiten Gemahl, den erzbischöflichen Kammerrat und Gewerken Johann Mayr. Dessen Kinder veräußerten das „Überackherische Haus“, wie das Voglmaierhaus damals bezeichnet wurde, im Jahr 1632 an den Rauriser Gastwirt Hans Jäger; nach dessen überraschenden Tod 1642 kam es über dessen minderjährige Kinder an deren Stiefvater Rupert Mayr, der es schließlich bereits zwei Jahre später an Hans Christoph Voglmayr, Sohn des erzbischöflichen Land- und Bergrichters in der Rauris Johann Baptist Voglmayr zu Thierberg, veräußerte (Die Familie Voglmayr stammte ursprünglich aus dem Schwazer Bergbaugebiet in Tirol).
Da aber bei den vorangegangenen, rasch aufeinander erfolgten Besitzwechseln keine Steuern gezahlt worden waren, kam es mit den Jägerischen und Mayrischen Vormündern zu einem jahrelangen Streit über die Steuernachzahlungen, der erst im Jahr 1654 mit der förmilichen Verleihung als sogenanntes „Beutellehen“ an Hans Christoph Voglmayr seinen Abschluß gefunden hat (das Voglmaierhaus war nun nicht mehr Ritterlehen, sondern erzbischöfliches Beutellehen!). Über seine Frau Susanna Tipotsch (1671) kam das Voglmaierhaus schließlich an ihren gemeinsamen Sohn Johann Albrecht Voglmayr (1694), der aber bereits zwei Jahre später kinderlos gestorben ist. Da von seinen vier Geschwistern nur mehr seine Schwester Anna Christina „weltläufig“, d. h. ohne geistigen und körperlichen Schaden war, erbte sie das stattliche Haus zu Gaisbach; sie war mit Franz Nikolaus Ainkhäs, Gerichtschreiber und Umgelter zu Taxenbach, verheiratet.
Beim verheerenden Brand des benachbarten Hauses des Christoph Vogl (heute Gasthof Grimming) im Jahr 1707 war auch das Voglmaierhaus schwer zu Schaden gekommen; das gesamte Dach, die Erker, drei Stuben und 5 Kammern im Obergeschoß sowie die Nebengebäude (Tenne, Stall, Getreidekasten) wurden ein Raub der Flammen. Aus diesem Grund suchten die Besitzer bei der erzbischöflichen Hofkammer um Bauhilfe und Holzverleihung an (SLA, HK Rauris 1708 A). Nach dieser mit großem finanziellen Aufwand erfolgten Wiederherstellung erbte der Sohn Franz Carl Ainkhäs, der seinem Vater als Gerichtschreiber und Umgelter von Taxenbach nachgefolgt und später zum Landrichter und Umgelter in Mittersill aufgestiegen war, das Voglmaierhaus zu Gaisbach. Nach dessen Tod 1749 blieb das Haus noch im Besitz der Familie Ainkhäs: Seine Witwe Maria Katharina Sigel und seine sieben Kinder bewohnten das stattliche Haus.
Erst im Jahr 1765 entschlossen sie sich zum Verkauf an den Bauernsohn Bartlmä Huttegger, womit das Voglmaierhaus endgültig in bäuerliche Hände kam. Im Jahr 1790 erbte die Tochter Theresia, verehelichte Moser, das gesamte Anwesen, 1839 kam es schließlich an ihren Sohn Sebastian Moser. Nachdem das Anwesen 1865 an Johann und Anna Gerstgraser übergegangen war, kam das Voglmaierhaus 1896 schließlich in das Eigentum der Marktgemeinde Rauris; seit 120 Jahre befindet sich das imposante ehemalige Gewerkenhaus nun im Gemeindebesitz. Nachdem es verschiedenste Verwendungen (u. a. war es Armenhaus und Schulhaus der Gemeinde) erfahren hatte, beherbergt es seit dem 2. Weltkrieg das Gemeindeamt der Marktgemeinde Rauris. Die in den letzten Jahren vorgenommene grundlegende Renovierung und Restaurierung läßt die Pracht des alten „Zottenschlössls“ auch heute wieder erkennen.