Die Felner’sche Familienchronik und das „Hasenhaus“ in Salzburg

  • Entstehungszeitraum: 1830 – ca. 1846
  • Entstehungsort: Wien
  • Objektart: Archivalie
  • Autor/Künstler: Joseph Felner
  • Artikel-Autor: Ulrike Engelsberger
  • Material/Technik: gebundene Handschrift, Papier
  • Größe: H: 41,5 cm B: 27 cm T: 13 cm
  • Standort/Signatur: Salzburger Landesarchiv, Nachlass Felner Nr. 25
  • Physisch benutzbar: ja
  • Literatur:

    Ulrike Engelsberger: Neuerwerbung „Felner`sche Familienchronik“. Joseph Felner und das Hasenhaus. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Bd. 147, S. 432 – 439.

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Die zweibändige „Felner’sche Familienchronik“ wurde von Joseph Philipp Felner (geb. 1. Mai 1769 in St. Veit im Pongau, gest. 1850 in Wien) verfasst. Joseph Felner bietet in über 2800 Seiten, in denen er seine Laufbahn als hoher Staatsbeamter unter fünf Regierungen schildert, einen sehr guten Einblick in die unruhige und wechselvolle Zeit der napoleonischen Wirren in Salzburg zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Zur Dokumentation und Veranschaulichung legte der an der Geschichte Salzburgs interessierte Biograf und Chronist seinen Aufzeichnungen auch originale Dokumente und Illustrationen bei, so auch die Darstellung von der zur Zeit Felners zwar nicht mehr existierende aber den Bürgern noch in bester Erinnerung stehende, heute in Vergessenheit geratene Fassade seines Wohnhauses in Salzburg, Kranzlmarkt Nr. 4. Wegen seiner ungewöhnlichen Wandbemalung mit Motiven der „verkehrten Welt“, in der Hase und Mensch die Rolle tauschen, war dieses Haus für annähernd 200 Jahre als „Hasenhaus“ bekannt. Seit Ende des 16. Jahrhunderts bis zur Renovierung des Hauses im Jahre 1790 „tummelten“ sich in den Friesbändern der vier Stockwerke Hasen, die in friedlicher Gesellschaft in einem „Hasenstaat“ leben, sich den Menschen untertan und Jagd auf ihn machen. Kommentiert wurde die satirische „Hasenjagd“ mit dem Spruch: „Die uns fiengen, schundten und assen, die zahlen wir itzt mit solcher Massen. Uns Haasen hat es ganz gerathen, dass wir itzt Hund und Jäger bratten“.

Der Verfasser dieser Chronik, Joseph Felner, wurde als Sohn eines Bäckers am 1. Mai 1769 in St. Veit im Pongau geboren. Nach seinem Studium an der Universität in Salzburg schlug er 1793 die Beamtenlaufbahn ein, die bereits unter der Regierung Erzbischofs Hieronymus Colloredo einen erfolgreichen Aufstieg nahm. 1801 wurde Joseph Felner zum Hofrat befördert, und auch unter der kurfürstlichen und der ersten österreichischen Regierung wurden ihm wegen seiner ausgezeichneten Dienste und Leistungen leitende Positionen übertragen. 1805 wurde er Interimsdirektor der Landesregierung. Unter der französischen Verwaltung Salzburgs wurde er Mitglied der Generallandesadministration. Seine patriotische Gesinnung für das Land Salzburg und Österreich brachte es mit sich, dass Joseph Felner nach der Eingliederung Salzburgs an Bayern aus Salzburg wegversetzt wurde, zunächst 1811 zur Finanzdirektion des Regenskreises nach Regensburg und 1812 als Rechnungshofrat nach München. Als die Wiedervereinigung Salzburgs mit Österreich kurz bevorstand, bat Felner um Versetzung nach Salzburg. Diese Rückversetzung als Kanzleidirektor nach Salzburg 1815 blieb allerdings nicht von Dauer. Felner wurde bereits 1816 von der neuen österreichischen Regierung als k.k. Regierungsrat nach Linz und 1824 nach Wien berufen, wo er im Jahre 1848 mit seiner Pensionierung bei vollen Bezügen seine langjährige Beamtenkarriere, in der er sich stets für die Belange Salzburgs eingesetzt hatte, abschloss. Zwei Jahre danach verstarb Joseph Felner am 26. Mai 1850 in Wien.

Joseph Felner, der während seiner gesamten Beamtenlaufbahn unter fünf Regierungen gedient hatte, befasste sich neben seiner eifrigen Tätigkeit im Staatsdienst auch mit der Erforschung und Dokumentation der Salzburger Geschichte. Außerordentlich historisch interessiert, sammelte er nicht nur urkundliches Material sowie historische und politische Schriften von Salzburger Chronisten, sondern er verfasste auch eigene Aufzeichnungen über die Ereignisse seiner Zeit. Seine Chroniken, in die er auch seine persönlichen Erfahrungen und Meinungen eingebracht hat, geben ein eindrucksvolles Zeugnis über die politisch gesellschaftlichen Zustände der letzten Jahre des Erzstiftes Salzburg sowie über die darauf folgenden wechselvollen Jahre der napoleonischen Wirren in Salzburg, 1803-1810.[1]

Seine persönliche Geschichte stellte Joseph Felner in einem zweibändigen Werk, der sogenannten „Felner’schen Familienchronik“, dar. In den Jahren 1830 bis 1833 hat Felner im Band 1 sein Leben und das seiner Familie auf 1224 Seiten niedergeschrieben und mit einer Reihe von Beilagen und Abbildungen versehen. Und bis zu seinem Tod fügte Felner immer wieder informative Zusätze nachträglich in die Chronik ein. Um eine reine Autobiographie handelt es sich bei dieser Familienchronik allerdings doch nicht, denn Felner behandelt darin auch die Vorkommnisse und Zustände während der Kriegsjahre, insbesonders der Jahre 1803-1810. Er gibt auch historische Rückblicke, äußert sich über die Verwaltungseinrichtungen und gibt detaillierte Beschreibungen vieler Persönlichkeiten seiner Zeit.[2]

Der Band 2 der Familienchronik, der bis vor kurzem als verschollen galt, konnte im Sommer 2006 vom Landesarchiv erworben werden.[3] Damit konnte nun eine große Lücke in der Überlieferung der chronikal-biographischen Niederschrift Joseph Felners geschlossen werden. Denn dieser Band enthält diejenigen Beilagen und Dokumente, auf die Felner im Band 1 verwiesen hat. Dass es sich dabei um keine unbedeutende Ergänzung handelt, beweisen schon die 1600 Seiten, die dieses Werk umfasst. Neben einigen mehrseitigen zusätzlichen Ausführungen zu Themen, mit denen sich Felner bereits im Band 1 eingehend befasst hat, sind auch Originale von Akten, gedruckte Verordnungen, aber auch eine Reihe von Stichen, Plänen und Graphiken beigegeben. Darunter befindet sich auch eine Darstellung von der ehemaligen Fassade des sogenannten „Hasenhauses“ in der Stadt Salzburg.[4]

„Das berühmte Hasenhaus, dessen Fronte ganz mit Emblemen von Hasenjagden übermahlet war“[5], so wie es Joseph Felner in der Anhangsbeilage Nr. 1 beschreibt, und zu seiner Zeit die Adresse Haus Nr. 15 hatte, ist heute als das Haus am Kranzlmarkt Nr 4, schräg gegenüber dem Rathaus gelegen, bekannt.[6] Dieses Haus war für Felner nicht nur wegen seiner früheren ungewöhnlichen Fassade von Interesse. Denn als Felner im Jahre 1802 zum Hofrat ernannt worden war, benötigte er auch eine standesgemäße Wohnstätte. Diese fand er in diesem Haus des Materialwaren- und Spezereiwarenhändlers Leopold Hagenauer, mit dem ihn seit seiner Gymnasialzeit eine enge Freundschaft verband.[7] Im zweiten Stock des Hauses Kranzlmarkt Nr. 4, das seit dem 15. Jahrhundert in ununterbrochener Reihenfolge im Besitz von Handelsleuten gestanden war, lebte nun Felner, ausgenommen die Zeit seines beruflich bedingten Aufenthaltes in Bayern, immerhin 11 Jahre bis zu seiner 1816 erfolgten Versetzung nach Linz. Als Felner in die Wohnung eingezogen war, existierte die „Hasenfassade“ allerdings nicht mehr. Nachdem nämlich die Hagenauer das Haus aus der Versteigerungsmasse des Händlers Joseph Pauernfeind 1789 übernommen hatten[8], ließ es Leopold Hagenauer von Grund auf renovieren. Dabei ging auch die Fassade verloren. Dennoch musste Felner die Hasenbemalung noch persönlich gesehen haben, da er doch seit seiner Schulausbildung mit kurzen Unterbrechungen in Salzburg gewohnt hatte.

Die Bemalung der Fassade mit den Hasenmotiven kann nicht vor der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts geschehen sein, da sich das Haus in der Stadtansicht von 1565, die sich ehemals im Besitz der Erzabtei St. Peter befand, noch als mittelalterliches Gebäude mit Zinnen präsentiert.[9] Spätestens gegen Ende dieses Jahrhunderts wird die besagte Fassade jedoch die Salzburger Bürger mit ihren lustigen Darstellungen erfreut haben. Und bereits in den folgenden Jahrzehnten war die Bezeichnung „Hasenhaus“ im Sprachgebrauch der Salzburger so sehr verankert, dass diese sogar bei dem 1650 neu angelegten Grundbuch der Stadt als Hausname aufgenommen worden ist.[10]

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Abb 2: Die Fassade des „Hasenhauses“. Original: Salzburger Landesarchiv, NL Felner 25. Reproduktion: Salzburger Landesarchiv.

Auf der Hausfassade tummeln sich über vier Stockwerke hinweg Hasen, die in die Rolle der Menschen schlüpfen und die Jagd nach diesen aufnehmen. Nur das Erdgeschoß ist von der Bemalung frei geblieben. Die satirische Geschichte von der „Verkehrten Welt“ beginnt in der obersten Etage und endet in einem Fries über dem Erdgeschoß mit dem Spruch „Die uns fiengen, schundten und assen, die zahlen wir itzt mit solcher Massen. Uns Haasen hat es ganz gerathen, dass wir itzt Hund und Jäger bratten“. Die oberste Reihe führt in das friedliche Leben der Hasengesellschaft ein. Die vierbeinigen Löffler haben menschliche Züge angenommen und bewegen sich auf zwei Beinen fort. Der Hasenvater, auf einem Fass sitzend, trinkt genüsslich ein Glas Wein, während die Hasenmutter sich um ihre Hasenjungen sorgt und mit ihnen, das Jüngste in einem Buckelkorb tragend, in der Landschaft spaziert. Das dritte Bild zeigt die Obrigkeit des Hasenstaates. Der Hasenfürst mit dem Szepter in seiner Hand thront auf einem Baumstamm und wird von seinen Lakaien hofiert. Auch seine Hofmusikanten fehlen nicht und spielen ihm ein Ständchen auf. Damit die Idylle nicht gestört wird, steht hier ein mit einer Lanze bewaffneter Hase Wache. In der nächsten Szene bläst ein Hase mit dem Waldhorn zur bevorstehenden Jagd nach den Menschen auf.

Im Fries darunter folgen noch Darstellungen wie sich die Hasen Mensch und Hund zu Nutze machen. Diese werden jeweils vor einen Karren gespannt und müssen, angetrieben durch die Peitschenhiebe der kutschierenden Hasen, auf allen vieren die Wagen ziehen. Diese beiden Gespanne, die von zwei Hasen, einer davon mit einem Gewehr, bewacht werden, folgen einem weiteren Gespann, das von einem Hasen gezogen wird. In diesem Leiterwagen liegt bäuchlings hingestreckt ein gefangenes „Menschenwild“, dessen Kopf und Beine aus dem Wagen hängen, da dieser viel zu kurz ist. Begleitet wird dieser Wagenzug, der in Richtung eines mit einer Fahne beflaggten Hauses unterwegs ist, von zwei auf einem Jagdhorn und einer Schalmei spielenden Hasenmusikanten.

In der Fensterreihe des dritten Geschoßes wird das Hasengericht dargestellt. Ein „Hasenjäger“ trägt auf seiner Schulter einen Stock, an dessen Ende eine menschliche Beute mit dem Kopf nach unten hängt. Daneben wird ein an den Hinterpfoten auf einem Galgen hängender Hund von einem Hasen bewacht. In der nächsten Abfolge werden diese beiden Gefangenen dem Hasenfürsten vorgeführt, der hier mit seinem Szepter das Urteil über das Schicksal von Mensch und Hund fällt. Die letzte Szene in dieser Reihe zeigt die Bewachung eines in Ketten gelegten Bären.

Eine turbulente Jagdszene befindet sich zwischen dem 3. und 4. Stockwerk. Vier Langohre, einer davon schießt mit einem Gewehr, hetzen wie Jagdhunde ihre Opfer. Nach dem erfolgreichen Jagdgetümmel begeben sich die Hasen, teils auf Hunden reitend, teils genussvoll die Pfeife rauchend, zum gemütlichen Jagdausklang. Ein Hund wird in einem großen Kessel gesotten, und die Hasenfrau beginnt dem auf den Fleischerhaken aufgehängten „Menschenwild“ den „Balg“ vom Leib zu ziehen.

Im darunter liegenden Bildband wird zunächst wieder ein kurzer Einblick in das traute Familienleben gegeben. Vater Hase geht mit seinem Sohne auf Pirsch, Mutter Hase betreut ihren Jüngsten im Buckelkorb. Dennoch wird auch hier die Idylle durch eine makabre Szene unterbrochen. Den gemütlich bei einer Tafelrunde versammelten Zechern wird auf einem Teller ein abgetrennter Menschenkopf serviert und, um der Gräulichkeit noch eins hinzuzusetzen, wurde diesem auch noch ein Hut mit einer Hahnenfeder aufgesetzt. Am rechten Ende sitzen vier Hasen an einer Tafel und befassen sich eingehend mit Schriftblättern.

Der nächste Fries ist einer anderen Art des Tierfanges gewidmet. Die Hasen begeben sich auf Fischfang. Noch vor Morgendämmerung reiten sie auf Hunden zu einem See, wo sie ihre Angeln und Netze auswerfen. Ein mit einer Laterne ausgerüsteter Hase leuchtet ihnen bei der dieser Arbeit.

Die unterste Reihe wird mit vier Szenen abgeschlossen. Zunächst versuchen zwei Hasen einen sich auf einen Baum geflüchteten Menschen herunter zu schütteln. Im nächsten Bild verlegen sich die Hasen auf die Vernichtung ihrer größten Feinde, nämlich der Füchse und Hunde. Ein Fuchs ist auf einer Lanze aufgespießt, ein anderer hängt auf dem Galgen und ein Hund wird mit Rutenschlägen traktiert. Besonders hervorgehoben wurde vom Maler die darauf folgende Darstellung. Er hat am oberen und unteren Rand Hasenköpfe mit Flügeln gemalt, die unweigerlich an Engelsköpfe mit Flügeln erinnern, wie sie damals in der Malerei der Renaissance üblich waren. Genussvoll braten hier sieben Hasen über einem Feuer einen Menschen, den sie auf einen Spieß gesteckt haben. Mit Hilfe von Blasebalg und Schüreisen beschleunigen sie die Garzeit. Das Ende dieser Szenerie bildet die Abrichtung eines Hundes. Ein Hase, mit einer Rute in der Hand, führt den an eine Leine oder in Ketten gelegten Hund aus seiner Hundehütte, während drei Hasen vom Hüttendach aus das Geschehen beobachten.

Obwohl die künstlerische Gestaltung der Fassadenbemalung eindeutig auf die Renaissance hindeutet, ist bisher trotz intensiver Recherchen sein Schöpfer unbekannt geblieben, ebenso auch der Auftraggeber und der Anlass dafür. Und dies wird wohl auch so bleiben, sofern nicht eine neue historische Quelle auftauchen sollte, die uns näheren Aufschluss über dieses Rätsel geben könnte. Jedenfalls hat sich auch Joseph Felner ausführlich mit der Frage befasst, wer wohl die Bemalung veranlasst haben könnte. Felner glaubte in einer Urkunde vom 10. Juni 1599[11] den Auftraggeber gefunden zu haben. Darin tauschte Martin Haas, Bürger des inneren Stadtrates  und Handelsmann, seine zwischen den Althamerischen und Khuenburg’schen Häusern gelegene Behausung und Hofstatt in der Getreidegasse mit Erzbischof Wolf Dietrich gegen eine Behausung und Hofstatt am Fischmarkt zwischen dem Mauthaus und dem Haus des Stephan Hueber, Bürger und Handelsmann. In der Person des Martin Haas vermutete Felner nun den Besitzer des Hauses Kranzlmarkt Nr. 4 und glaubte daher, dass dieser wegen seines Namens die Hasenfassade an sein Haus anbringen hatte lassen.[12] Darin irrte sich Joseph Felner allerdings, denn Martin Haas war niemals Besitzer des „Hasenhauses“, denn das Haus, das er von Erzbischof Wolf Dietrich eingetauscht hatte, konnte als Haus Getreidegasse Nr. 1[13] identifiziert werden. Das genannte „Mauthaus“ hat heute die Adresse Rathausplatz Nr. 2[14], und das ehemalige „Hueberhaus“ ist heute Getreidegasse Nr. 3[15].

Das Motiv der „Verkehrten Welt“, in der sich die Mensch-Tier-Beziehung umkehrt und die Tiere wie Menschen handeln, reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück und führt herauf bis in die Gegenwart[16]. Denke man nur an den Kinokassenschlager „Planet der Affen“. Die älteste datierte Darstellung solcher Art findet sich aus dem Jahr 1175 auf einem Relief in der Klosterkirche von Königslutter am Harz, wo Hasen einen Jäger in Fesseln abführen. Im 16. Jahrhundert wird diese Thematik sehr beliebt und findet Eingang in die literarische und bildnerische Kunst. Einzeldarstellungen vom geplagten Hasenvolk, das einen Hasenkrieg gegen die menschliche Tyrannei führt, schmücken zahlreiche Keramikgegenstände und zieren den bürgerlichen Haushalt. Und nicht unbedeutende Künstler haben sich mit der „Verkehrten Welt“ beschäftigt, wie zum Beispiel Hans Sachs in seinem „Hasenepos“ oder auch Lucas Cranach, der ein Gemälde mit umgekehrten Hasen-Mensch-Szenen für Kurfürst Friedrich anfertigt, als sich dieser in Gefangenschaft befindet. Aber auch Hausfassaden mit grotesken Hasenjagd-Malereien zu gestalten ist Mode geworden, wie nicht nur das Salzburger „Hasenhaus“ zeigt. Denn auch in der Kärntner Straße in Wien gab es ein „Hasenhaus“, auf das auch Joseph Felner in seinen Ausführungen eigens hingewiesen hat.[17] Im Gegensatz zur Salzburger Fassade ist hier die Entstehungsgeschichte wohl bekannt. Dieses Haus war das sogenannte Haspelhaus, also der Amtssitz des kaiserlichen Hasenjägermeisters, dessen Hausfront 1509 auf Anordnung Kaiser Maximilians mit Hasenszenen verziert wurde. Nach einem Brand im Jahr 1525, bei dem das Fresko zerstört worden war, wurden am neu aufgebauten Haus die Wandmalereien wieder angebracht. Der berühmte Architekturzeichner Salomon Kleiner hielt 1749, kurz vor dem Abriss des Gebäudes, diese Fassade auf einem Kupferstich fest.[18]

Aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammen auch die humoristischen Deckengemälde vom Aufstand der Hasen gegen die Jäger im Hasensaal des Schlosses Buĉovice (Butschowitz) in Mähren, die auch heute noch zu bewundern sind. Verloren gegangen ist leider ein Großteil der Wandbilder im Hasenhaus des Jagdschlosses Augustusburg bei Chemnitz in Sachsen, das um 1570 Kurfürst August von Sachsen durch den Dresdner Hofmaler Heinrich Göding mit 90 Szenenfolgen über den Hasenkrieg malerisch ausgestalten ließ. Und im Jagdschloss Oranienburg bei Berlin sind noch Reste von Wandgemälden mit Hasenszenen aus dem Jahr 1696 zu bewundern, die der Berliner Hofmaler Samuel Theodor Gericke für Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg, den späteren König Friedrich I. von Preußen, geschaffen hat.[19]

Dass sich die Kenntnis über das Aussehen der ehemaligen Hasenfassade am Haus Kranzlmarkt Nr. 4 bis in die Gegenwart überliefert hat, ist Leopold Hagenauer zu verdanken. Denn dieser hat vor dem Totalumbau des Hasenhauses, damit dieses den damaligen Anforderungen eines zeitgemäßen und modernen Wohn- und Handelshauses entspricht, eine detaillierte Aufnahme des alten Gebäudezustandes anfertigen lassen. Dazu gehörte auch die Abbildung der Hausfassade. Diese wird heute samt den dazugehörigen Architekturplänen im Salzburg Museum verwahrt.[20] Die Tuschemalerei, die Joseph Felner in den Band 2 seiner Familienchronik einbinden ließ, ist eine Kopie aus dem Jahre 1843. Signiert wurde diese von Joseph Mayer. Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei dem Kopisten um den Genre- und Kunstmaler Joseph Mayer (geb. am 7. 4. 1818 in Wald i. Pinzgau, gest. am 17. 3. 1865 in Saalfelden), der von 1854 bis 1859 als Zeichenlehrer am Salzburger Borromäum tätig war und um diese Zeit im Haus Getreidegasse Nr. 13 in Salzburg wohnte.[21] Joseph Mayer dürfte daher kein Unbekannter für Joseph Felner gewesen sein. Der feinsinnige Felner hat sich wohl Mayers künstlerischer Fähigkeiten bedient, um seine schriftlich niedergelegten persönlichen Erinnerungen und historischen Betrachtungen zum Hasenhaus auch illustratorisch dokumentieren zu können.

[1] Vgl. Hanna Hintner, Joseph Philipp Felner (1769-1850). Als Staatsmann, Historiker und Mensch. – phil. Diss., masch, Univ. Wien 1967; Friederike Zaisberger, Neuerwerbungen im Salzburger Landesarchiv (Schriftenreihe des Salzburger Landesarchivs, Nr. 1). – Salzburg 1983, S. 1-2; Johann Carl Pillwax, Der literarische Nachlaß J. P. Fellner’s, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Bd. 20, 1880, S. 84-90; Franz Martin, Die politische und amtliche Verfassung der Pfleggerichte Werfen, Mittersill und Saalfelden am Ende des 18. Jahrhunderts dargestellt von Josef Felner, in: MGSLK Bd. 67/68, 1927/28, S. 65-96.
[2] Salzburger Landesarchiv (=SLA), Nachlass Felner Nr. 24.
[3] SLA, Nachlass Felner Nr. 25.
[4] Ebda., fol. 642-643.
[5] Ebda., fol. fol. 644.
[6] SLA, Doppler Häuserchronik Nr. 15; Vgl. Lorenz Hübner, Beschreibung der hf-erzbischöflichen Haupt- und Residenzstadt Salzburg und ihrer Gegenden verbunden mit ihrer ältesten Geschichte, Bd. 1. – Salzburg 1792, S. 141; Franz Valentin Zillner, Geschichte der Stadt Salzburg, Bd. 1. – Salzburg 1885, S. 204, 346; Julius Leisching, Das Salzburger Hasenhaus, in: Salzburger Museumsblätter, hg. v. Salzburger Museumsverein, 1923, Jg. 2, Nr. 6, S. 1–4; Wilfried Schaber, Das Hasenhaus – ein Salzburger Bürgerhaus verändert sich, in: Historischer Atlas der Stadt Salzburg (Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg, Bd. 11). – Salzburg 1999, III, 5.
[7] SLA, Nachlass Felner Nr. 24, fol. 918, 938.
[8] SLA, OU 1790 I 02; Notelbuch Salzburg Nr. 898 fol. 1-3; Vgl. Gunda Barth, Die Hagenauers. Ein Salzburger Bürgergeschlecht aus Ainring: Die Einbindung einer Handelsfamilie in Wirtschaft, Politik und Kultur Salzburgs im späten 17. und 18. Jahrhundert, in: Ainring. Ein Heimatbuch, hg. v. Gemeinde Ainring. – Ainring 1990, S. 312; Kurt Weinkammer, Strukturwandlungen im Salzburger Lebensmittelhandel in den letzten 50 Jahren, in MGSL, 2006, Bd. 146, S. 264.
[9] Vgl. Wilfried Schaber, Das Hasenhaus, S. 1; Christiane Kreijs, Die Fassaden der Bürgerhäuser unter besonderer Berücksichtigung des 19. Jahrhunderts und der Zwischenkriegszeit (Bauformen der Salzburger Altstadt, Bd. 2). – Salzburg, 1994, S. 107.
[10] Archiv der Stadt Salzburg, Städtisches Archiv, Buchförmige Archivalien Nr. 259, fol. 87 b.
[11] Haus-, Hof- und Staatsarchiv, AUR 1599 VI 10.
[12] SLA, Nachlass Felner Nr. 25, fol. 644.
[13] SLA, Doppler Häuserchronik Nr. 236, Franz Valentin Zillner, Geschichte der Stadt Salzburg, Bd. 1, S. 348.
[14] SLA, Doppler Häuserchronik Nr. 235, Franz Valentin Zillner, Geschichte der Stadt Salzburg, Bd. 1, S. 247- 348.
[15] SLA, Doppler Häuserchronik Nr. 237, Franz Valentin Zillner, Geschichte der Stadt Salzburg, Bd. 1, S. 349.
[16] Vgl. Friedrich Sieber, Volk und volkstümliche Motivik im Festwerk des Barocks. Dargestellt an Dresdner Bildquellen (Veröffentlichungen des Instituts für Deutsche Volkskunde, hg. v. Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Bd. 21). – Berlin 1960, speziell Hasenmotivik: S. 79–95.
[17] SLA, Nachlass Felner Nr. 25, fol. 645.
[18] Vgl. Julius Leisching, Das Hasenhaus in Wien, in: Zeitschrift für bildende Kunst, 1893; ders., Das Salzburger Hasenhaus, S. 2–3; Felix Czeike, Die Kärntner Straße (Wiener Geschichtsbücher, hg. v. Peter Pötschner, Bd. 16). – Wien 1975, S. 42–43. Peter Prange, Meisterwerke der Architekturvedute Salomon Kleiner, 1700 – 1761, zum 300. Geburtstag. Ausstellungskatalog zum Salzburger Barockmuseum, 19.7.- 27.8.2000, Architekturmuseum Schwaben, Augsburg, 7.9.- 22.10.2000, Österreichische Nationalbibliothek, Wien, 19.1.- 28.2.2001 (Schriften des Salzburger Barockmuseums, Nr. 24). – Salzburg, 2000, S. 104-105.
[19] Erich Hobusch, Hasengericht. Protokolliert von E. Hobusch, in: Forum lebendige Jagdkultur – Mit grüner Feder – Jäger von heute erzählen. – Wien 1998, S. 196-200; ders.: Verkehrte Welt – Vom Aufstand der Hasen gegen die Jäger, in: Unsere Jagd, Partner der Natur, 2006, H. 4, S. 66-67; Olav Helbig, Die Ausmalung des Venussaales der Augustusburg (Erzgebirge). – Magisterarbeit, masch. Technische Univ. Dresden 2000, S. 13–14; Helmut Caspar, Lusthaus, Kaserne und Museum. Das Schloß Oranienburg, in: Berlin im Detail, 1998, H. 12, S. 63–66.
[20] Vgl. Wilfried Schaber, Das Hasenhaus.
[21] SLA, Meldebuch der Stadt Salzburg M 1850-1864; Vgl. Nikolaus Schaffer, Mayr Josef, Artikel in: Salzburger Kulturlexikon, hg. v. Adolf Haslinger und Peter Mittermayr. – Salzburg 2001, S. 291; Zweiter Quartals=Bericht 1846 des städtischen Museums in Salzburg. – Salzburg 1846, III A Nr. 7; Vierter Quartals=Bericht 1847 des städtischen Museums in Salzburg. – Salzburg 1847, III A Nr. 9.