Die „Sieben Mühlen“ in Pfarrwerfen

  • Entstehungszeitraum: unbekannt (vor 1605)
  • Entstehungsort: Pfarrwerfen
  • Objektart: Gmachmühlen (anonyme Zweckarchitektur)
  • Autor/Künstler: unbekannt
  • Artikel-Autor: Alfred W. Höck
  • Material/Technik: Holz
  • Größe: ca. 4 x 4 Metern, große oberschlächtige Wasserrad (Durchmesser ca. jeweils ca. 2,40 m)
  • Standort/Signatur: Pfarrwerfen (Erlebnisrundweg: Vom 1. Mai bis 31. Oktober)
  • Physisch benutzbar: ja
  • Literatur:

    Bolling Hans, „Vom Reibstein zur Industriemühle“. In: Brotkultur, Köln 1995, 37-48.
    Bruckmüller Ernst/Ammerer Gerhard, Die Land- und Forstwirtschaft in der frühen Neuzeit. In: Dopsch Heinz/Spatzenegger Hans (Hrsg.)(1991): Geschichte Salzburgs. Stadt und Land, Band II: Neuzeit und Zeitgeschichte, 4. Teil, Salzburg, S. 2501-2562, S.2517.
    Dürlinger J., Historisch-statistisches Handbuch von Pongau. Salzburg 1867.
    Englmayr Mathias, Chronik vom Gerichts- und Pfarrbezirk Werfen im Kronlande Salzburg. Ein Handbüchlein für Einheimische und Reisende. Salzburg 1852.
    Fahrner Felix, Untersuchung der landwirtschaftlichen Verhältnisse des Herzogtum Salzburg. Bamberg 1905.
    Farcher Josef, Wasser- und Mühlenrecht im Mittelalter unter besonderer
    Berücksichtigung der Salzburger Quellen. Diplomarbeit Universität Salzburg. Salzburg 1992.
    Fischer Manfred/Dirninger Christian/Höllbacher Roman/Lorber Fritz:
    Historische Wirtschaftsarchitektur in Salzburg. Bauten-Einrichtungen – Werkzeuge. Salzburg–München 1997.
    Gemeinde Pfarrwerfen (Hrsg.), Festschrift Pfarrwerfen 1074-1974. Red. Albin Rohrmoser. Pfarrwerfen 1974.
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    Hägermann Dieter/ Schneider Helmuth, Propyläen Technikgeschichte. Band 1, Landbau und Handwerk 750v.Chr. bis 1000n.Chr. Berlin 1997.
    Handels- und Gewerbekammer Salzburg, Statistischer Bericht über die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Kronlandes Salzburg  1871-1880. Erstattet von der Handels- und Gewerbekammer Salzburg an das k.k. Handelsministerium. Salzburg 1883.
    Hübner Lorenz, Beschreibung des Erzstiftes und Reichsfürstenthums Salzburg in Hinsicht auf Topographie und Statistik. Zweyter Band, Das Salzburgische Gebirgsland. Pongau, Lungau und Pinzgau. Salzburg 1796.
    Kettenbach Friedrich, Müllerei und Mühlenbau. Leipzig 1921.
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    Marktgemeinde Werfen (Hrsg.), Chronik von Werfen. Red. Hörmann, Fritz. Werfen 1987.
    Mayr Erwin, Die Getreide Landsorten und der Getreideanbau im Salzachtal und dessen Nebentälern. Bundesanstalt für Pflanzenanbau und Samenprüfung. Wien 1928.
    Pappenheim Gustav, Geschichte der Österreichischen Müllerei 1848 bis 1898. In: Herz Leo Ritter von, Geschichte der Österreichischen Land- und Forstwirtschaft und ihrer Industrien 1848-1898. Wien 1899, Suppl. Bd. Teil 1, 236-285.
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    Pichler Johannes, Die ältere Salzburger Eigentumsordnung. (Salzburger
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    Redtenbacher Ferdinand Jakob, Theorie und Bau der Wasserräder. Mannheim 1846.
    Rudovsky Bernhard, Architektur ohne Architekten. Eine Einführung in die anonyme Architektur. Salzburg 1989.
    Salzburger Institut für Raumforschung, SIR-Strukturprofil. Daten und Fakten zur Gemeindeentwicklung Pfarrwerfen. Salzburg 1995.
    Schalk Eva Maria, Die Mühlen im Land Salzburg. Salzburg 1986.
    Schempf Herbert, Zur Rechtsgeschichte und Volkskunde der Salzburger Mühlen. In: Forschungen zur Rechtsarchäologie und rechtlichen Volkskunde, 7. Ort? 1985, 93-107.
    Seefeldner Erich, Salzburg und seine Landschaften. Salzburg 1961.
    Slotta Rainer, Einführung in die Industriearchäologie. Darmstadt 1982.
    Suppan Rudolf, Mühlen, Bäche, Wasserräder. Geschichte und Funktion der wasserbetriebenen Mühlen. Graz 1995.
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    Wittrich Richard, Romantik und Wirklichkeit der alten Mühlen. Kulturhistorische und volkskundliche Skizzen. Kassel 1980.
    Woelfe, Wilhelm, Das Wasserrad. Technik und Kulturgeschichte. Wiesbaden-Berlin 1987.
    Zauner Judas Thaddäus (Hrsg.), Auszug der wichtigsten hochfürstlichen Landesgesetze zum gemeinnützigen Gebrauch nach alphabetischer Ordnung. Zweyter Band. o. O. 1787.

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Im Gemeindegebiet von Pfarrwerfen befindet sich ein in seiner Art im Bundesland Salzburg einmaliges bauliches Ensemble, die sogenannten „Sieben Mühlen“. Diese erhaltenen sechs Bauernmühlen sind sowohl rare Objekte einer vergangenen anonymen Architektur, als auch anschauliche Quellen des Wandels der Lebens- und Wirtschaftsweise im ländlichen Raum.

  1. Zur Datierung und Baugeschichte
    Wie so oft bei historischen Profanbauten lässt sich auch für die am Achberg gelegenen Bauernmühlen kein genaues Ursprungsdatum mehr feststellen. Vermutungen wie lange wohl schon eine Nutzung des Mühlbachls erfolgte, sind genauso vielfältig und unterschiedlich wie jene nach dem Baualter der Mühlenanlage und haben nur eines gemeinsam – sie stützen sich auf unbelegte Annahmen. Die Annahme dass eine derartige Nutzung des Mühlbachls durch Wassermühlen bereits im Mittelalter erfolgt sein könnte, erscheint zumindest plausibel, denn die Nutzung der Wasserkraft für den Mühlenantrieb in Salzburg war nachweislich an anderen Orten bereits früh verbreitet. Die weit zurückreichende Besiedelung und landwirtschaftliche Nutzung dieser Region unterstützen diese Vermutung. Letztlich fehlen aber konkrete Quellenbelege. Die erste gesicherte Information findet sich erst ab dem Beginn des 17. Jahrhunderts in den Urbaren des Pfleggerichtes Werfen. Bei diesen Urbaren handelt es sich um Verzeichnisse der Güter einer Grundherrschaft und der darauf lastenden Dienstverpflichtungen. Wir finden hier Besitzaufzeichnungen für insgesamt sechs Bauernmühlen, die in verschiedenen Anteilsrechten geführt. Jeder dieser Mühlenbesitzanteile wurde in der Folge vielfältig übergeben oder weiterverkauft. Der zunehmende Bedarf an genauen Steuer- und Kartengrundlagen führte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu umfassenden Landesaufnahmen. Diesen Bemühungen verdanken wir auch den sogenannten „Franziscäischen Kataster“. Mit ihm erfolgte um 1830 die erste maßstabsgetreue Ausmessung des Landes Salzburg und stellte die Grundlage für die Katastralgemeinden dar. Wir verdanken ihm eine Vielzahl von Informationen über diese Zeit. Unter den Mappennummern 29-37 finden sich 10 „Mahlmühlen“ und ihre Besitzer verzeichnet. Das zum Kataster gehörende Beiblatt weist die Eigentümer der Mühlen, sowie ihren Stand (Beruf) und ihren Wohnort aus. Demnach gehörten die beiden unteren Mühlen einem Besitzer aus Dorfwerfen der als „Mühler“ angeführt wird. Alle anderen Mühlen waren bäuerlicher Besitz aus Reitsam und Laubichl. Vier Jahrzehnte später finden sich im Mitte des 19. Jahrhunderts eingeführten Grundbuch um 1870 nur noch 7 Mühlen verzeichnet. Diese blieben bis nach dem zweiten Weltkrieg erhalten, als schließlich noch die Unterlaubichl-Mühle verfiel. Die Nutzung der Mühlen nahm bald nach dem 2. Weltkrieg ein Ende. Der letzte geregelte Betrieb fand in den 1950er-Jahren statt. Heute existieren schließlich noch sechs Mühlen, die vor allem durch das Interesse der Gemeinde und des Bundesdenkmalamtes erhalten werden konnten. Diese tragen folgende Bezeichnungen, die an ihre Hauptnutzer erinnern, von oben beginnend:[1]
  2. Feuersengmühle
  3. Zehenthofmühle
  4. Vordereggmühle
  5. Unterdielmühle
  6. Gastegmühle
  7. Meisenmühle

 

  1. Bauart und Konstruktion
    Die Mühlen stellen den einheitlichen Bautypus einer typischen Gmachmühle dar, zeigen aber unterschiedliche Dachneigungen. Es handelt sich um eingeschossige, fensterlose Baukörper, mit einem Grundriss von jeweils ca. 4 x 4 Metern, und einem jeweils über das große oberschlächtige Wasserrad vorkragenden Satteldach. Bei den Baukörpern handelt es sich um Holzblockbauten auf einem Sockel aus Bruchsteinmauerwerk. Der hölzerne Dachstuhl kragt bachseitig vor, unterstützt von zwei runden, auf den Trämen ruhenden Stehern. Die Wasserzuführung zum oberschächtigen hölzernen Schaufelrad (Durchmesser ca. jeweils ca. 2,40 m) erfolgt über eine aus Brettern gezimmerte Wasserrinne (Gerinne). Das Mühlrad ist mit seiner Achsaufhängung auf einem Bruchsteinsockel gelagert. Die vollständige Einrichtung einer Kornmühle (Vordereggermühle) ist erhalten geblieben. Sie umfasst das Kamprad (inneres, am gemeinsamen waagrechten Wellbaum des Wasserrades befestigtes Zahnrad), den Mahlgang, den Getreidetrichter (Gossen), den Schüttkasten und die Mehltruhe. In einer Ecke, an der Decke auskragend, befindet sich eine kleine Schlafkammer.

 

  1. Bemühungen um die Erhaltung
    Es ist eine bedauerliche Tatsache, dass in den letzten Jahrzehnten das Bewusstsein für den kultur- und sozialgeschichtlichen Wert alter Baudenkmäler nicht sehr weit entwickelt war. In den Phasen der Modernisierung blieb nur wenig Raum für die Besinnung auf das Zurückliegende. So führte der rasante Umbruch in der Lebens- und Arbeitsweise zum Verschwinden vieler bis dahin prägender – und damit auch selbstverständlicher – Bauformen. Dies gilt auch für die traditionellen Bauernmühlen im Land Salzburg. Sie verschwanden wie vieles andere aus unserem Blickfeld. Von dieser Entwicklung waren auch die alten Mühlen am Achberg betroffen. Während das Mühlenensemble heute eine kulturgeschichtliche Rarität darstellt, so waren sie für ihre Besitzer nach dem 2. Weltkrieg nur noch unproduktive Anlagen, deren früherer Zweck ihre Erhaltung nicht mehr rechtfertigte. Ein Schicksal wie es besonders vielen sogenannten Zweckbauten widerfuhr. Alte Mühlen waren nicht mehr rentabel oder brauchbar, wozu sie also noch erhalten? Die Modernisierung hatte Vorrang.

Glücklicherweise machte ein Artikel im Jahr 1953 auf die zu verfallen drohenden Mühlen aufmerksam.[2] Auch in der Gemeinde erkannte man die Bedeutung der alten Anlage für die Nachwelt, wie auch für die lokale Identität. Mit Hilfe des Bundesdenkmalamtes gelang es im Jahr 1953 eine erste Subvention für dringend nötige Erhaltungsmaßnahmen „um diese teilweise nicht mehr in Betrieb stehenden, aber von unserem Ortsbild fast nicht mehr wegzudenkenden alten Mühlen den späteren Generationen erhalten zu können.“[3] Damit begann ein über Jahrzehnte andauerndes Bemühen um den Erhalt der Mühlen. Es zeigte sich aber im Folgenden, dass außer der Gemeinde und dem Denkmalamt fast niemand ein aktives Interesse an der Erhaltung aufbrachte. Somit trugen die Gemeinde und das Bundesdenkmalamt über die kommenden Jahre hinweg die Hauptlast der Erhaltungsbemühungen.

Im Jahr 1976 wurde schließlich von der Naturschutzabteilung des Amtes der Salzburger Landesregierung das Mühlbachl zu einem Naturdenkmal erklärt. Dabei wurde in diesem Bescheid nicht nur das Mühlengerinne selbst, sondern auch seine Umgebung miteinbezogen, denn: „Die Mühlengruppe stellt jedenfalls ein einzigartiges kulturgeschichtliches Zeugnis aus jener Zeit dar, in der alle Bauerngüter als Selbstversorgungsbetriebe auch ihr Brotgetreide selbst anbauten“.[4] Über den damaligen Zustand der Mühlen gibt uns eine Passage des Bescheides ebenfalls Auskunft: „Die Mühlen sind baulich in einem sehr schlechten Zustand. Derzeit ist keine einzige Mühle voll gebrauchsfähig. Teilweise sind nicht nur die Mühlräder und Wasserrinnen, sondern auch die Mahlwerke zerstört und beschädigt“.[5] Glücklicherweise hat sich dieser Zustand seither wesentlich verbessert. Über die Jahre hinweg konnten die Sanierungs- und Erneuerungsarbeiten vorangebracht und das Ensemble im Jahr 2001 einer musealen Nutzung zugänglich gemacht werden.

 

  1. Die Mühlen als Denkmal
    Die vom Menschen geschaffenen Bauwerke haben seit jeher seine Umwelt gestaltet, akzentuiert und verändert. Das Bauwerk, gleich welcher Art, verkörpert dabei in Summe die Kultur- und Umwelteinflüsse seiner Zeit. Es spiegelt die örtlichen Gegebenheiten, die wirtschaftlichen und sozialen  Bedürfnisse, den Stand des technischen Könnens, die zur Verfügung stehenden Baustoffe und vieles mehr, dass zu seiner Errichtung führte. Im Wesen der Gestaltung der Umwelt durch den Menschen liegt aber auch die Veränderung. Die Bedürfnisse der Menschen ändern sich ebenso, wie sich Art und Weise der technischen und gesellschaftlichen Möglichkeiten zur Befriedigung dieser Bedürfnisse verändern. Unmittelbar spiegeln sich diese Prozesse dabei im Baugeschehen wieder. Bei allem Positivem, das dieser Wandel mit sich bringt, führt er doch auch zu Verlusten, die mitunter gar nicht oder erst sehr (zu) spät, wahrgenommen werden. Alte Bautypen und Bauweisen, die über die Jahrhunderte hinweg verwendet wurden, werden ersetzt durch neue; alte Gebäude vernachlässigt oder verfremdet, bis sie verschwinden. Die zunehmende Geschwindigkeit mit der sich diese Umwandlung unserer  Kulturlandschaft in den letzten Jahrzehnten vollzieht, führt jedoch auch dazu, dass man sich der Reste der traditionellen Baukultur wieder erinnert und neu bewertet.

Gerade die Frage der „Bewertung“ in der ganzen Vielschichtigkeit des Begriffes, ist nicht zuletzt die Ursache dafür, dass derart vieles dem Verschwinden Preis gegeben wurde. Mittels dieses Prozesses der Bewertung wurden nicht nur materieller Wert, sondern auch soziale Klassifikationen, Sichtweisen und Wertsysteme transportiert. So war und ist der Erhaltungswert von Sakralobjekten (Kirchen, Klöster, Kapellen etc.), von Repräsentationsbauten des Staates oder des Adels seit langem außer Frage gestellt. Ihnen wird ein kultureller Wert und damit Erhaltenswürdigkeit von vornherein zugestanden. Anders verhält es sich jedoch mit all jenen Bauwerken, die man unter dem Begriff der Profanarchitektur zusammenfasst. Jene Nutz- und Wohnbauten, die den Großteil unserer gebauten Umwelt prägen und deren Existenz allein auf den jeweiligen Nutzungszweck ausgerichtet ist. Es sind dies jene Wohnhäuser, Bauernhöfe, Werksgebäude, Speicher, Brücken und vieles mehr, ohne die menschliches Dasein wie wir es kennen, nicht möglich wäre, und die dennoch, aufgrund ihrer Geläufigkeit, ihrer Vielzahl und ihrer reinen Zweckorientierung keine besondere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen vermögen. Erst in jüngster Zeit hat diesbezüglich ein Umdenken eingesetzt, das einher geht mit einer Veränderung unserer Sichtweise von Baudenkmälern. Erst das Abgehen von der Voreingenommenheit in der Architekturgeschichte, wie auch auf sozialem Gebiet, wie dies Bernhard Rudovsky eingefordert hat,[6] ermöglicht es den Profanbau, wie etwa die bäuerliche Hausmühle, als Spiegelbild der unterschiedlichsten Einflüsse, der Lebens- und Wirtschaftsweise, d.h. als Informationsträger von eigenem Wert zu erkennen.

 

  1. Zum kulturgeschichtlichen Hintergrund – Die Bedeutung der bäuerlichen Wassermühlen im Alpenraum
    Überall wo der Mensch tätig wird, entsteht im Umgang mit dem jeweiligen Naturraum ein neues Landschaftsbild, das wir Kulturlandschaft nennen. Sie kennzeichnet die Bedingungen unter denen der Mensch den Naturraum formt, wie er arbeitet, lebt, den Boden bestellt und vieles mehr. Auch das Leben im Alpenraum brachte über die Jahrhunderte hinweg eine derartige eigenständige Kulturlandschaft hervor. Zu dieser gehört auch seit langer Zeit die vielfältige Nutzung der Wasserkraft, die meist neben dem Holz, die einzige – und damit lebenswichtige – Energiequelle darstellte. Etwa als Antriebsenergie für Mahl- und Rührwerke, für die Schmieden und Sägereien.[7] Typisch für diese Nutzungen waren die zumeist an einem Bergbach stehenden, oder von diesem als Mühlbach abgeleiteten Hausmühlen, deren Wasserräder den Antrieb für die verschiedenen Konstruktionen lieferten. Der Bau, der Betrieb und der Unterhalt dieser Mühlen und ihrer Zu- und Ableitungen erforderte stetige Betreuung und fachliches Wissen. Der Bau dieser Anlagen, vor allem der mechanischen Teile, erforderte zudem auch besondere Kenntnisse der Holztechnologie und der Mechanik. Über die Jahrhunderte weiterentwickelt entstanden daraus Mahlwerke, die Herbert Grubinger zu Recht als „Meisterwerke der Volkstechnik“ bezeichnet.[8] Wenngleich die Verbreitung der Wassermühlen im Alpenraum also weit zurückreicht, so ist die Herkunft dieser Technik doch viel älter.

 

  1. Zur Geschichte und Technik der Wassermühlen
    Woher kommt eigentlich die Technik der Wassermühlen? Geht man der Frage nach, so zeigt sich, dass die Mühlen in Pfarrwerfen das Ergebnis einer langen technikgeschichtlichen Entwicklung darstellen. Die Verarbeitung von Korn zu Mehl für die Brotherstellung findet sich schon bei den frühesten Kulturen. Die dafür notwendigen Techniken gingen aber lange Zeit über eine einfache Nutzung von Mahlsteinen und Mörsern nicht hinaus. Erst in der Antike kam es zu entscheidenden technischen Fortschritten in der Bearbeitungstechnik, durch die Erfindung des Mahlwerkes. Hierdurch gelangte man durch die Nutzung eines mehrgliedrigen Systems aus Zahnrädern und Wellen (Getriebe) zu einer effektiven Kraftübertragung.[9] Nun fehlte es nur noch an einer geeigneten Antriebsenergie. Wie fast überall in der Technik stellte die Kraftaufwendung das zentrale Problem dar. So lange nur menschliche oder tierische Kraft eingesetzt werden konnte, blieb die Leistungsfähigkeit der Mahltechnik gering. Es stellte sich also die Frage nach leistungsfähigeren Energiequellen. In Frage kamen dabei die Naturkräfte Wind und Wasser. Vor allem die Verbindung der Wasserkraft mit einem Mahlwerk sollte schließlich zu einem perfektionierten und über zwei Jahrtausende in Gebrauch stehenden System entwickelt werden. Wann zuerst die Wassermühle erfunden und eingesetzt wurde ist bis heute unklar. Die ersten schriftlichen Quellen sind uns aus der griechischen und römischen Antike überliefert.[10] Die früheste Beschreibung einer solchen finden wir bei dem römischen Architekten und Ingenieur Vitruvius Pollio (Ende des 1. Jhdt. v.Chr.) in seinem Werk „De architectura“. Das von ihm darin beschriebene Prinzip blieb für fast 2000 Jahre gültig und lässt sich kurz folgendermaßen zusammenfassen: Am Ende einer Wasserradwelle ist ein senkrecht gestelltes Zahnrad, das sogenannte Kammrad, angebracht. Es dreht sich zugleich mit dem Schaufelrad in die gleiche Richtung. Mit dem Kammrad ist ein weiteres kleines Zahnrad, das Stockgetriebe, auf einer stehenden Welle verbunden, die am oberen Ende einen Mitnehmer hat, der in den Läuferstein eingelassen ist. Über dieser Maschine hängt nun ein Trichter und führt den Mühlsteinen stetig das Getreide zu, und durch dieselbe Umdrehung wird das Mehl gemahlen.[11] Um eine Vorstellung davon zu haben welchen Fortschritt diese Technik in der Bearbeitung darstellte, sollte man sich vor Augen halten, dass die Mahlleistung einer Handmühle bei etwa 7 kg pro Stunde lag. Mit der Wassermühle steigerte man die Malleistung auf ca. 150 kg pro Stunde.[12] Während der Spätantike kam es zu einer weiteren Verbreitung der Wassermühle im europäischen Raum, wovon zahlreiche Quellen berichten.[13] Insgesamt war die Mühlentechnik seit dem Mittelalter sehr weit entwickelt und den jeweiligen Bedingungen vor Ort angepasst. Man kannte Großmühlenanlagen und Gezeitenmühlen ebenso, wie kleine Haus- und Handmühlen für den Eigenbedarf.

 

  1. Arten und Technik der Mühlen im Salzburger Raum
    In den Gebieten der heutigen österreichischen Alpen waren die Wassermühlen bereits sehr früh verbreitet. Aufgrund der Besitz- und Siedlungsstruktur und der damit verbundenen Notwendigkeit der Selbstversorgung, besaß fast jeder Hof seine eigene Mühle. Daneben gab es für jene die keine eigene Mühle besaßen sogenannte Bann-, Maut- oder Metzmühlen. Für den Salzburger Raum lässt sich seit dem 8. Jahrhundert die Existenz von Wassermühlen nachweisen.[14] Sie waren bereits auch, wie Heinrich Koller feststellt „an kleineren Wasserläufen anzutreffen und auch schon in der Hand einfacher Leute.“[15] Leider ist das dokumentarische Material zu diesem Thema nicht sehr zahlreich. Daher ist es nicht möglich den genauen Verlauf der Verbreitung der Wassermühlen im Mittelalter zu geben. Allerdings gibt uns der Mühlenzensus für das Gasteinertal aus dem Jahr 1550 eine exemplarische Vorstellung von der weiten Verbreitung der Mühlen im Salzburger Raum im Spätmittelalter.  Von den darin angegebenen 135 Wassermühlen, deren Besitzer meist Bauern waren, wurden ungefähr 100 bereits im 15. Jahrhundert erbaut.[16] Interessant ist auch ein weiteres Merkmal dieser Mühlenzählung. Von den 135 Mühlen waren 116 solche vom horizontalen Typ, also „ohne Rad“.[17] Es handelte sich dabei um sogenannte „Stockmühlen“, die auch unter der Bezeichnung „Flodermühlen“ bekannt sind. Dabei wurde das Rad nicht vertikal an der Seitenwand montiert, sondern horizontal unterhalb des Mühlenraumes und direkt unter der Antriebswelle montiert. Das Wasser für den Antrieb wurde entweder unter der Mühle durchgeleitet, oder die Stockmühle war über einem Bach errichtet. Die weite Verbreitung dieser horizontalen Mühlen war eine Besonderheit des alpinen Mühlenwesens und wird von Josef Farcher mit dem Fehlen des Bannmühlensystems begründet, denn dieses Verbot gewöhnlich den Betrieb eigener Mühlen, die dann meist Flodermühlen waren.[18] Gut 50 Jahre später kennen wir sogar die genaue Anzahl der damals im Salzburgischen vorhandenen Gmachmühlen. Laut Steuerregister von 1608 waren es 1537 solcher Mühlen, die fast ausschließlich in den Gebirgsgauen zu finden waren.[19] Vergleicht man diese Anzahl mit jener aus der statistischen Erhebung aus dem Jahr 1874, als man 1842 Mühlen im Kronland Salzburg zählte[20], so zeigt sich, dass zwischen der frühen Neuzeit und der Mitte des 19. Jahrhunderts die Zahl der Gmachmühlen in Salzburg nur noch um rund 20 % zunahm.

Welche Arten von Mühlen kannte man damals im Salzburger Land? Für die Neuzeit gibt uns ein Gesetzestext aus dem Jahr 1787 Auskunft. Dort heißt es unter Bezug auf einen Rezeß des Domkapitels aus dem Jahre 1645:

Im Erzstift gibt es zweyerley Gattungen Mühlen, nämlich Maut- oder Ehenmühlen, und Gemachmühlen. Wenn ein Unterthan eine Mühle besitzt, darinn aber nur seine Hausnothdurft zu mahlen berechtiget ist, heißt es eine Gemachmühle. die Gerechtigkeit hingegen auch für die umliegenden Nachbarschaft gegen einen Mühl(l)ohn, oder gegen Maut m(a)hlen zu dürfen ist eine Mauthmühle.[21]

Diese Bauernmühlen waren vorwiegend einräumige Holzgebäude, gedeckt mit einem Bretter- oder Schindeldach. Man kennt sie bis heute unter der Bezeichnung „Gmachmühle“ oder „Gmachlmühle“. Dieser Name kommt daher, dass sie zumeist aus einem Raum (also einem „Gemach“) bestanden. Meist standen sie auf einem quadratischen Bruchsteinfundament (um den Unterbau der Mühle gegen Fäulnis zu schützen) und wurden im Blockwandbau errichtet. Die Bauzeit einer solchen Mühle betrug bis zu einem halben Jahr und länger.[22]

Das Funktionsprinzip einer Gmachmühle beruht darauf, dass sich auf der einen Seite eines waagrechten Wellbaumes das Mühlrad und auf der anderen Seite das Kammrad (meist „Kamprad“ genannt), das die Kraft an das senkrecht stehende Mühleisen weitergibt, befindet. Dieses Kamprad ist das Antriebsrad und hat meist einen Durchmesser von 1 ½ bis 2 Metern. Meist war es aus Eichenholz oder Weißbuche hergestellt. Das Mühleisen wird durch ein Loch im Steherstein geführt und treibt den Läufer an, der auf ihm mittels einer Haue befestigt ist.

Aus dem Mühltrichter, der Gosse, dessen Fassungsvermögen zwischen 100 bis 250 Litern liegt, der vom Rührnagel in Bewegung gesetzt wird, rieselt nunmehr das Getreide zwischen die Mahlsteine, die den zentralen Teil der Mühle bilden. Diese Mahlsteine bestehen aus dem oberen Läuferstein (bis zu 150 kg) und dem festliegenden Steher- (Boden-)Stein (bis zu 350 kg), welcher größer und schwerer ist. Diese Mühlsteine waren der teuerste Bestandteil einer Mühle. Im Salzburger Raum kamen sie vorwiegend aus dem Lungau (Konglomerat oder Quarz), dem Taurachtal (Quarz) und vom Haunsberg (Sandstein) und wurden von einem Steinmetz hergestellt. Die genaue Bearbeitung dieser Mühlsteine war entscheidend für das gute Funktionieren einer Mühle. Der Zerlegung der Getreidekörnchen dienen die in den Stein eingearbeiteten Mahlfurchen. Die Mühlsteine sind von einer Holzeinfassung umgeben, mit der das aus den Mühlsteinen austretende Mehl aufgefangen wird. Durch eine Öffnung in dieser „Zarge“ gelangt das Mühlgut schließlich in die Mehltruhe. Mittels einer Rütteleinrichtung wird die Kleie vom Mehl getrennt. Diese verursacht auch das „Klappern“ der Mühle.[23] Der Antrieb der Mühle erfolgte natürlich über die Wasserkraft. Hierzu gab es prinzipiell zwei Möglichkeiten. Die eine bestand darin, die Mühle direkt über einem Mühlgraben oder Bach zu errichten und das Wasser zum Antrieb einer horizontalen Flodermühle (Stock-)Mühle zu verwenden. Diese Variante bedurfte eines stärkeren Gefälles, wie es etwa Bergbäche aufweisen, und eignete sich nur für das Mahlen kleinerer Getreidemengen. Die zweite Lösung ist die Verwendung eines vertikalen Mühlrades. Der höhere Aufwand der mit dieser Lösung verbunden war, wurde durch die Möglichkeiten, die Anzahl der Mühlsteinumdrehungen an die Strömungsgeschwindigkeit anzupassen (durch Auswechseln des Mühleisens und des daran befestigten Getriebes) aufgewogen.[24]

In den Salzburger Gebirgsregionen wurden vorwiegend Mühlen mit einem sogenannten „oberschachtigen“ Antrieb verwendet. Dabei wird das Wasser von oben her über ein Gerinne auf das Wasserrad geleitet, also das Gewicht des Wassers dient dem Antrieb. Dieser Mühlentyp bot eine sehr gute Energieausnutzung und konnte auch bei einer kleineren Menge Antriebswasser wirtschaftlich betrieben werden. Da für den Mühlbetrieb natürlich eine zumindest ausreichende Wasserführung Voraussetzung war, mahlten die Bauern vorwiegend im Spätherbst (Regenperiode) und/oder im Frühjahr (Schneeschmelze). An Bächen die das ganze Jahr über eine ausreichende Wasserführung hatten, konnte auch ein sogenanntes „unterschachtiges“ Wasserrad installiert werden. Dabei holen sich, vereinfacht ausgedrückt, die Schaufeln (Taufeln) des Rades das Wasser (also den Antrieb) von unten.[25]

 

  1. Über die Arbeit und das Getreide
    Um die Bedeutung des Getreides und seiner Verarbeitung in der früheren Zeit zu verstehen, muss man sich ein wesentliches Merkmal der Salzburger Landwirtschaft vor Augen halten: Die Eigenproduktion des Landes reichte nie zur Deckung des Binnenbedarfes aus.[26] Eine gute und (aus heutiger Sicht) ausreichende Ernährung war für einen großen Teil der Salzburger Bevölkerung noch im 18.Jahrhundert keine Selbstverständlichkeit. Aufgrund der Topographie und des Klimas lag das Schwergewicht der inneralpinen Landwirtschaft traditionell bei der Viehhaltung.[27] Der Beschreibung der frühen landwirtschaftlichen Verhältnisse und Betriebsgrößen steht vor dem 19. Jahrhundert, leider ein Hindernis in Form der unzureichenden Aufzeichnungen entgegen.[28] Aufgrund des Fehlens brauchbarer Grundlagen war es eine von langen Jahren hergebrachte ökonomische Beurteilung, die Größe und zugleich Güte des Grundes an dem fütternden Vieh zu bemessen.[29]

Eine brauchbare Quelle zur Anbaugeschichte in der Gegend von Pfarrwerfen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, verdanken wir dem Eifer mit dem in der Monarchie die topographischen Grundlagenarbeiten durchgeführt wurden. Die Notwendigkeit genaue Kartengrundlagen (vor allem für militärische und steuerliche Zwecke) des Territoriums zu besitzen, führte zu den sogenannten Landesaufnahmen, wobei für uns der sogenannte franziscäische Kataster von besonderem Interesse ist. Im Zuge dieser sehr genauen Landvermessungen wurden auch regionalstatistische Angaben über Besiedelung, Bevölkerung und Wirtschaft aufgenommen. So finden wir in den alten Katastermappen aus dem Jahr 1830, auch einen fein-säuberlich erstellten „Ausweis über die Benutzungsart des Bodens für die Gemeinde Dorf-Werfen“, der eine Übersicht über die Bodennutzungsarten in der Gemeinde gibt. Wie sich zeigt, lag der Schwerpunkt der Bodennutzung beim Ackerbau. Damit unterscheidet sich die Nutzungsstruktur der Gemeinde vom Salzburger Nutzungsdurchschnitt dieser Zeit. Dieser lag bei beinahe 45 % Almwirtschaft, 22 % Wiesenanteil und 19,5 % Ackerland.[30] Wie wertvoll das Getreide damals war, entnehmen wir einer Chronik aus dem Jahr 1859, in der vom Autor feststellt wird:

Dieses Gericht (gemeint ist der Gerichtsbezirk Werfen, Anm.d.Verf.) ist eines der wichtigsten und gesegnetsten im ganzen Lande. Die Viehzucht ist sehr beträchtlich und wird durch die vielen … Alpenweiden begünstigt. An edlem Obst, wenn es ohnehin geräth, ist kein Mangel, [..].  An Getreide dagegen wird nie so viel erzeugt, als es das Bedürfnis der Einwohner erfordert. Die vielen Wälder, die tiefen Gräben und hohen Berge schränken den Getreidbau in enge Grenzen ein, und machen die Bearbeitung sehr mühsam.[31]

Um eine Vorstellung zu haben wie viele Menschen von den Anbauflächen ernährt werden mussten, werfen wir einen Blick auf die Bevölkerungs-entwicklung der Gemeinde Pfarrwerfen in den letzten rund 200 Jahren:

Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Pfarrwerfen 1788-1951[32]

Jahr Bevölkerung
1788 1.552
1803 1.546
1817 1.055
1843 1.279
1869 1.109
1890 1.214
1900 1.246
1923 1.373
1951 1.548

 

Diese Zahlen zeigen sowohl die Auswirkungen der Krisenjahre zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als auch jene der ökonomischen Stagnationszeit der ersten Hälfte eben dieses Jahrhunderts. Leider stehen uns keine Zahlen über die Ernteergebnisse dieser Zeit zur Verfügung, es ist aber anzunehmen, dass der festzustellende Bevölkerungsrückgang auch mit der Nahrungsmittelproduktion in Verbindung steht. Genauere Angaben über den Getreideanbau für den Bereich des Werfener und des Werfenwenger Tales, finden wir in einer Studie aus dem Jahr 1928:[33]

Der Ausgang des Tales liegt ca. 100 Meter über dem Salzachfluß. Nur vereinzelt finden sich Bauernhöfe und Getreidefelder, dazwischen wieder breite Waldgürtel. Im oberen Teile verbreitet es sich zu einem Talkessel. In diesem Talbecken finden wir Getreideanbau. Besonders liegen die Felder an den Hängen und den beiden östlichen Ausläufern dieses Beckens (Zaglau und Strobel). Angebaut wird Winterroggen, Winterweizen noch bis zu 850 Metern, auch etwas Gerste. Sommerroggen wird sehr wenig angebaut, ebenso Sommerweizen.

 

 

Anbau

 

Anbauzeit

 

Ernte

Winterroggen 24. August – Anfang September Ende Juli – Anfang August
Winterweizen – „ – Anfang bis Mitte August
Sommerweizen Ende April 10. – 20. September
Sommergerste – „ – 1. – 10. August
Hafer – „ – September

Erntefolge: Winterroggen, Winterweizen, Sommergerste, Hafer, Sommerweizen. Ausgesät werden bei Winterroggen 160 bis 200 kg; bei Sommerungen 140 bis 170 kg. auf das Hektar. Geerntet wird bei Winterungen das 7-9fache, bei Sommerungen das 5-7fache der Aussaatmenge.[34]

Zum Vergleich schließlich noch einige Daten aus der Gegenwart. Die Kulturflächen der landwirtschaftlichen Betriebe in der Gemeinde Pfarrwerfen, waren im Jahr 1990 nur zu 0,7 % Ackerland und zu 44,8 % Wiesen und Weiden.[35] Diese wenigen Zahlen geben einen Eindruck wie tiefgreifend der strukturelle Wandel in der Landwirtschaft in diesem Jahrhundert gegriffen hat.

 

  1. Arbeitsalltag und Mahlvorgang – die Müllerei als Teil der bäuerlichen Arbeitswelt
    Wie wir gesehen haben, war es keine Selbstverständlichkeit stets ausreichend Getreide zur Verfügung zu haben. Umso wichtiger war es für die Selbstversorgung der Bauernhöfe inner Gebirg, auf eine Mahlmöglichkeit für die Herstellung von Mehl zurückgreifen zu können. Im Gegensatz zu anderen, nichtalpinen Regionen, wo die Müllerei meist gegen Bezahlung von berufsmäßigen Müllern erledigt wurde (und nicht selten von Herrschern und Grundherren mittels Mühlzwang und Mühlbann in ein profitables Geschäft verwandelt wurde), musste in den Gebirgsgegenden aufgrund der unzureichenden Transportverbindungen und der Siedlungsstruktur die Müllerei vorwiegend in Eigenregie erledigt werden. Hierzu dienten die vielen Hausmühlen und durch sie wurde die Müllerei zum Teil der bäuerlichen Arbeitswelt.

Bevor der Bauer das Getreide mahlen konnte, mussten eine Reihe von Arbeiten erledigt werden. Nach dem Einbringen der Ernte wurde das Getreide mittels Dreschflegel gedroschen. In jüngerer Zeit erledigte diese Arbeit eine Dreschmaschine. Sodann wurde die sprichwörtliche „Spreu vom Weizen getrennt“. Dieser Vorgang dient der Reinigung des Getreides und wurde ursprünglich mittels Hinabwerfens aus größerer Höhe unternommen, eine Vorgangsweise die nicht immer das gewünschte Resultat brachte. Abhilfe brachte schließlich die Windmühle oder auch die Putzmühle.[36] Wurde nun das Mehl im Haushalt knapp, so musste dem in Truhen und Getreidekästen eingelagerten Getreide ein Quantum entnommen werden und zur Mühle gebracht werden, was im Jahr mehrmals notwendig werden konnte. Hier galt es natürlich auch die Perioden mit günstiger Wasserführung zu nutzen. Nicht umsonst kennt man hierzulande das Wort von den „Wolkenbruchmühlen“, das einen durchaus realen Kern enthält. Nur in Zeiten in denen die Hausmühle nicht betriebsbereit war – sei es aus Wassermangel oder anderen Gründen – musste der Bauer auf die Lohn- oder Mautmühle zurückgreifen. Nicht gerne allerdings, denn die Entlohnung des Müllers konnte bis zu 10 % der gemahlenen Mehlmenge betragen.[37]

Das Getreide wurde meist mit Pferdefuhrwerken zur Mühle transportiert und war in Säcke abgefüllt. Diese Säcke waren meist aus Hanf (=Zwilch) und mit Bändern oder Beschriftungen mit dem Hofnamen des Besitzers gekennzeichnet. Ein gefüllter Sack Getreide konnte ein Gewicht zwischen 70-80 kg., manchmal sogar bis zu 100 kg. auf die Waagschale bringen.[38] Man versteht also sehr gut, dass die Arbeit in den Mühlen wenig mit Romantik, dafür aber umso mehr mit anstrengender – und zeitintensiver – Tätigkeit verbunden war.

Auch wenn die Arbeit in der Mühle verrichtet war, bedeutete dies nicht immer das Ende der Plagerei. Der durchschnittliche Tagesertrag einer Gmachmühle betrug durchschnittlich rund 100 bis 140 kg. Mehl.[39] Dieses Mehl musste schließlich wieder von der Mühle weg zum eigenen Hof transportiert werden. Bei trockenen Wegen war dies wohl auch kein besonderes Problem. Aber wie wir weiter oben bereits gesehen haben, bedurfte es für die Mühlentätigkeit einer ausreichenden Wasserführung. Diese findet man aber vorwiegend in den Regenperioden und der Schneeschmelze. Was dies bei den damaligen Wegeverhältnissen bedeutete, mag man sich heute nur noch schwer vorstellen. Da die Mühlen meist an Steilhängen und in den höheren Regionen gebaut werden mussten, konnten die Zu- vor allem aber die Abfahrten von der Mühle – mit angefülltem Fuhrwerk – eine sehr gefährliche Tätigkeit sein.  Zu der eigentlichen Mahlarbeit kam auch noch die notwendige Instandhaltung der Mühle, allfällige Reparaturen, sowie die Freihaltung der Gerinne, um eine reibungslose Funktion der Mühle zu gewährleisten. All dies war mit meist harter körperlicher Arbeit und hohem Zeitaufwand verbunden. So sehr uns heute die alten Wassermühlen durch ihren Anblick erfreuen, darf man sich dennoch nicht wundern, dass die Bauern die Alternativen die ihnen der technische Fortschritt zu bieten hatte, nicht ungern annahmen.

 

  1. Veränderungen der Landwirtschaft im 20. Jahrhundert – von der Mühle zum E-Werk
    Der Wasserreichtum der Alpengebiete, so auch des Landes Salzburg, führte wie bereits geschildert zu einer intensiven Nutzung dieser Energiequelle, vor allem durch zahlreiche Getreide- und Sägemühlen. Wie weit verbreitet diese Mühlen noch im 19. Jahrhundert waren, zeigt eine statistische Erhebung aus dem Jahre 1874. Demzufolge gab es im Land Salzburg 1842 Getreidemühlen.[40] Eine Aufschlüsselung nach Mahlgängen zeigt, dass diese zum überwiegenden Teil mehr zum bäuerlichen als zum gewerblichen Bereich gehörten:

Von den 1842 Mühlen waren: 1350   mit einem Mahlgang

281    mit zwei,

175    mit drei,

32    mit vier und

4    mit fünf Mahlgängen versehen.[41]

Aus dieser Aufstellung geht ferner hervor, dass nur 480 Müller im Land eine Erwerbssteuer entrichteten, was den Schluss zulässt, dass die Mühlen nach wie vor großteils der bäuerlichen Selbstversorgung dienten. Wir lesen aber auch schon über erste Klagen der kleinen Mühlenwerkbesitzer über die immer größer werdende Konkurrenz der Großmühlen und den zunehmenden Handel mit Mahlprodukten durch Kaufleute.[42] Damit deuten sich bereits die Wandlungen an, die in der Folge zu einer fast völligen Umorientierung der Landwirtschaft führen sollten. Der Ausbau der Verkehrsverbindungen und die geringer werdenden Transportkosten, die zunehmend rationalisierte und kostengünstige Produktion in Großanlagen veränderten die Preisstrukturen für landwirtschaftliche Produkte enorm. Hatte dies zunächst nur indirekten oder geringen Einfluss auf die bäuerliche Selbstversorgung in den Hausmühlen, so kam mit der erneuten Nutzung der Wasserkraft – diesmal durch ein vollkommen neues Energieerzeugungssystem – zu starken Veränderung in der bäuerlichen Arbeitswelt – nicht zuletzt bei der Getreideverarbeitung. Der Einsatz von elektrischen Strom in den größeren Lohn- und Mautmühlen rationalisierte viele bis dahin arbeitsintensive Vorgänge und Handgriffe und sorgte für eine immense Produktivitätssteigerung, die sich wiederum in der Preisstruktur niederschlug. Dies, in Verbindung mit verbesserten Verkehrserschließungen auch inner Gebirg, machte es für die Bauern zunehmend uninteressanter die alten Hausmühlen weiter zu verwenden. Arbeits- und Zeiteinsatz wie auch die Preisentwicklung sprachen nunmehr dagegen. Erst langsam aber stetig brachten immer mehr Bauern ihr Getreide in elektrisch betriebene zentrale Mühlen, um es dort mahlen zu lassen. In Pfarrwerfen war dieser Prozess ebenso zu beobachten, wie in den anderen Gemeinden des Landes. Ein interessantes Detail ist dabei die Feststellung, dass sich direkt unterhalb der Wassermühlen, in der sogenannten „Falk-Mühle“ ein elektrisches Kleinkraftwerk eingerichtet wurde.

Nach dem 2. Weltkrieg brachte die Erfindung der kleinen Elektromühle die Verarbeitung des Getreides – so es überhaupt noch angebaut wurde – teilweise wieder zurück auf die Höfe. Das Ende der Nutzung der alten Wassermühlen hatte schon längst eingesetzt und immer mehr von ihnen wurden aufgegeben und vielfach auch abgetragen. Auch die „Sieben Mühlen“ blieben von dieser Entwicklung nicht verschont. Sie wurden teilweise noch in den 50er Jahren genutzt, aber bereits zu diesem Zeitpunkt rentierte sich deren Einsatz nicht mehr. Der letzte Betrieb wurde noch Ende der 60er Jahre durchgeführt, dann hörte auch das letzte Wasserrad auf sich zu drehen.

[1] Vgl. Amt der Salzburger Landesregierung, Bescheid Zahl: 7/22-3314/14-1975, Mühlbachl in Pfarrwerfen. Erklärung zum Naturdenkmal, vom 26.05.1976, S.5.
[2] Swoboda, Otto, „Rettet die Heimat ! Die Hausmühlen von Pfarrwerfen“. In: Die österreichische Furche, Nr. 4., vom 24.01.1953.
[3] Schreiben der Gemeinde Pfarrwerfen vom 30.1.1953.
[4] Amt der Salzburger Landesregierung, Bescheid Zahl: 7/22-3314/14-1975, Mühlbachl in Pfarwerfen – Erklärung zum Naturdenkmal, vom 26.05.1976.
[5] Ebd, S.6.
[6] Vgl. Bernhard Rudovsky, Architecture Without Architects. Museum of Modern Art, New York 1964 (deutsch: Architektur ohne Architekten. Eine Einführung in die anonyme Architektur, Salzburg, 1989).
[7] Vgl. Herbert Grubinger, Hydraulische Gesellschaften im Alpenraum. In: Wasserbau und Wasserwirtschaft im Alpenraum in historischer Sicht. (Wiener Mitteilungen Wasser-Abwasser-Gewässer, Bd. 74). Hrsg. von W. Kresser. Wien 1988, S. 1-27, S. 11.
[8] Josef Farcher, Wasser- und Mühlenrecht im Mittelalter unter besonderer Berücksichtigung der Salzburger Quellen. Diplomarbeit Universität Salzburg. Salzburg 1992., S. 18.
[9] Vgl. Hans Bolling, Vom Reibstein zur Industriemühle. In: Brotkultur. Hrsg. von Hermann Eiselen, Köln 1995, S. 37-48, S. 39.
[10] Vgl, Dieter Hägermann und Helmuth Schneider, Propyläen Technikgeschichte. Band 1: Landbau und Handwerk 750v.Chr. bis 1000n.Chr. Berlin 1997, 308.
[11] Vgl. Bolling (wie Anm. 9), S. 39; und Hägermann/Schneider (wie Anm. 10), S. 308.
[12] Vgl. Bolling (wie Anm. 9), S. 43.
[13] Zur Verbreitungsgeschichte der Wassermühlen siehe: Hägemann/Schneider (wie Anm. 10), S. 308-312 und S. 346-373, und Rudolf Suppan, Mühlen, Bäche, Wasserräder. Geschichte und Funktion der wasserbetriebenen Mühlen. Graz 1995, S. 41-42.
[14] Zur Frage der frühen Verbreitung der Wassermühlen im Salzburger Raum siehe den Aufsatz von Heinrich Koller, Die ältesten Wassermühlen im Salzburger Raum. In: Festschrift für Berent Schineköprer. Siegmaringen 1982, 105-116, sowie Josef Farcher, Wasser- und Mühlenrecht im Mittelalter unter besonderer Berücksichtigung der Salzburger Quellen. Diplomarbeit an der Universität Salzburg. Salzburg 1992, S. 19-21.
[15] Koller (wie Anm. 14), S. 111.
[16] Vgl. Farcher (wie Anm. 8), S. 20.
[17] Vgl. Karl-Heinz Ludwig und Volker Schmidtchen, Propyläen Technikgeschichte. Band 2, Metalle und Macht 1000 bis 1600. Berlin 1997, S. 78.
[18] Vgl. Farcher (wie Anm. 8), S. 21.
[19] Ebd., S. 21.
[20] Handels- und Gewerbekammer in Salzburg (1883): Statistischer Bericht über die gesammten wirthschaftlichen Verhältnisse des Kronlandes Salzburg in den Jahren 1871-Erstattet von der Handels- und Gewerbekammer in Salzburg an das hohe k.k. Handelsministerium, Salzburg, S. 188.
[21] Judas Thaddäus Zauner (Hrsg.), Auszug der wichtigsten hochfürstl. Salzburgischen Landesgesetze zum gemeinnützigen Gebrauche nach alphabetischer Ordnung, Zweyter Band, Salzburg 1787, S.118.
[22] Vgl. Eva Maria Schalk, Die Mühlen im Land Salzburg, Salzburg 1986, S.17.
[23]  Vgl. Suppan (wie Anm. 13), insbes. S. 80-106; Farcher (wie Anm. 8), S.21-23; und Schalk (wie Anm. 22), S.16-21.
[24]  Vgl. Farcher (wie Anm. 8), S.26.
[25]  Vgl. Schalk (wie Anm. 22), S.26. Darin finden sich auch Abbildungen für die Funktionsweise des oberschachtigen Antriebes, und Farcher (wie Anm. 8), S.27.
[26] Bruckmüller, Ernst/Ammerer, Gerhard, Die Land- und Forstwirtschaft in der frühen Neuzeit. In: Heinz Dopsch, Heinz/Spatzenegger, Hans (Hrsg.)(1991): Geschichte Salzburgs. Stadt und Land, Band II: Neuzeit und Zeitgeschichte, 4. Teil, Salzburg, S. 2501-2562, S.2517.
[27]  Vgl. ebd., S. 2518-2519.
[28]  Zu diesem Problem siehe: ebd., S.2524.
[29]  Ebd.
[30] Vgl. Bruckmüller/Angerer (wie Anm. 26), S.2524.
[31] Aus: Kurze Chronik des Gerichts-Bezirke Werfen im Kronlande Salzburg. Ein Handbuch für Einheimische und Reisende, Salzburg, 1859 (2. Auflage), S. 7.
[32] Quelle: Marktgemeinde Werfen (Hrsg.), Chronik von Werfen, Red. Fritz Hörmann, Werfen 1987, S.331; Dopsch, Heinz/Spatzenegger, Hans (Hrsg.), Geschichte Salzburgs. Stadt und Land. Band II: Neuzeit und Zeitgeschichte, 2. Teil, Salzburg 1988, S.1352-1353; Salzburger Institut für Raumforschung, SIR-Strukturprofil. Daten und Fakten zur Gemeindeentwicklung Pfarrwerfen, Salzburg 1995.
[33]  Erwin Mayr, Die Getreide Landsorten und der Getreideanbau im Salzachtal und seinen Nebentälern, Bundesanstalt für Pflanzenanbau und Samenprüfung, Wien 1928.
[34] Ebd., S.20.
[35]  Vgl. Salzburger Institut für Raumforschung (SIR), Strukturprofil der Gemeinde Pfarrwerfen, Salzburg 1995.
[36]  Einen Eindruck von den Arbeitsschritten bei und nach der Getreideernte gibt der Aufsatz von Ilka Peter, Die Getreideernte im Saalfeldner Becken vor dem Einzug der modernen Landtechnik. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg 1993, S. 367-397.
[37]  Vgl. ebd., S.396.
[38]  Vgl. Peter (wie Anm. 36), S.396.
[39]  Vgl. Schalk (wie Anm. 22), S.37.
[40] Vgl. Handels- und Gewerbekammer in Salzburg, Statistischer Bericht über die gesammten wirthschaftlichen Verhältnisse des Kronlandes Salzburg in den Jahren 1871-1880. Erstattet von der Handels- und Gewerbekammer in Salzburg an das hohe k.k. Handelsministerium, Salzburg 1883, 188.
[41] Ebd.
[42] Vgl. Handels- und Gewerbekammer Salzburg (wie Anm. 40), S. 189-190.

Quellen:
Salzburger Landesarchiv (SLA):
Hieronymuskataster 1775 („Steuerbuch des hochfürstlich salzburgischen Pfleg, und Probstey Werfen) – Folio 467, 471, 472, 500.
Urbar 213 I (Werfen 1605)
Hofurbar 1081 Grundbuch Werfen 3
Hofurbar 1083  Grundbuch Werfen  5
Franziscäischer Kataster („Salzburger Kreis o.d.E., 6. Inspektorat, Steuerbezirk Werfen, N.ro B 57, 1830, Bauparzellenprotokoll und Karteneinlage Blatt VII
Grundbuch Pfarrwerfen

Bundesdenkmalamt Salzburg
Schriftverkehr des Bundesdenkmalamtes betreffend Instandsetzung des Mühlen in der Gemeinde Pfarrwerfen.