Der StĂ€dte-Atlas „Prospectus elegantiores“

  • Entstehungszeitraum: Anfang 18. Jh. bzw. 1762
  • Entstehungsort: NĂŒrnberg
  • Objektart: Druckgraphik
  • Autor/KĂŒnstler: Johann Baptist Homann
  • Artikel-Autor: Peter Rohrmoser
  • Material/Technik: Kupferstich/Papier, handkoloriert
  • GrĂ¶ĂŸe: Bildfeld: H: 485 mm; B: 570 mm; Druckplatte: H: 495 mm; B: 585 mm; Blatt: H: 507 mm; B: 595 mm
  • Standort/Signatur: Archiv der Erzdiözese Salzburg, AT-AES 6.3.G1.61
  • Physisch benutzbar: ja
  • Literatur:

    Nebehay, Ingo u. Wagner, Robert (1981) Bibliographie Altösterreichischer Ansichtenwerke aus fĂŒnf Jahrhunderten. Die Monarchie in der topographischen Druckgraphik von der Schedel’schen Weltchronik bis zum Aufkommen der Photographie. Bd. I. A – H. Graz-Austria: Akademische Druck- u. Verlagsanstalt. Seite 373-375
    Vollmer, Hans Hrsg. (1992) Allgemeines Lexikon der bildenden KĂŒnstler von der Antike bis zur Gegenwart. Bd. 17/18. MĂŒnchen: Deutscher Taschenbuch Verlag. Seite 423f.
    Neue deutsche Biographie (1972) Bd. 9. Hess-HĂŒttig. Berlin: Seite 582f.
    Fuhrmann, Franz (1963) Salzburg in alten Ansichten. Die Stadt. Salzburg: Residenz Verlag

image_pdfimage_print

Der „PROSPECTVS ELEGANTIORES 
“ ist eine Seite des Homann’schen „StĂ€dt-Atlas oder: Schauplatz berĂŒhmter StĂ€dte, Vestungen, Prospeckte, Gegenden, Grundrisse, Belagerungen, etc:“ der in NĂŒrnberg ab 1707 in mehreren Auflagen erschien. Das Blatt zeigt neben einer Gesamtansicht der Stadt vom Kapuzinerberg, je zwei Ansichten der UniversitĂ€tskirche und des Domes, den Innenhof der UniversitĂ€t, die Festung, das Glockenspiel, die Pferdeschwemme und die Felsenreitschule sowie eine Ansicht von Schloss Klessheim mit verschiedenen Beschreibungen.

Der „PROSPECTVS ELEGANTIORES Splendissimae Archiepiscopalis Urbis Salisburgensis, praecipuarĂșmque in ea Illustrium, ac maximĂš mirabilium, tam Sacrarum quam profanarum Aedium pro ornamento tabulae Geographicae ex utrĂłque latere et infra appendendo exhibiti À IO. BAPTISTA HOMANNO Noribergae.“ – so die umfassende Titelbeschriftung – ist eine Seite des Homann’schen „StĂ€dt-Atlas oder: Schauplatz berĂŒhmter StĂ€dte, Vestungen, Prospeckte, Gegenden, Grundrisse, Belagerungen, etc:“ der ab 1707 in mehreren Auflagen in NĂŒrnberg erschien.

Das Blatt zeigt in loser Anordnung zehn Ansichten verschiedener GebĂ€ude Salzburgs sowie eine Gesamtansicht der Stadt vom Kapuzinerberg aus. Alle Detailansichten, die wohl nach verschiedenen Vorlagen nachgestochen wurden, sind mit Beschriftungen und teilweise mit einer Legende versehen, die Legende fĂŒr die Stadtansicht flankiert die zentral ĂŒber dem Titel angeordnete Ansicht der „HochfĂŒrstl. Haubt-Wacht“ mit dem Glockenspiel. In einer nebenstehenden Beschriftung wird erwĂ€hnt, dass das Glockenspiel ĂŒber 35 Glocken verfĂŒgt und tĂ€glich dreimal gespielt wird. Die Nordseite weist, abweichend zur heutigen Situation, drei Portale auf. Als Vorlage ist ein Kupferstich von Christoph Lederwasch „Das Salzburger Glockenspiel“ anzunehmen, der zu dessen Fertigstellung 1704 entstand.

Oberhalb des zentralen Bildfeldes wird links ein „Prospect von dem inneren Plaz der Benedict: Universitet“ gezeigt und rechts daneben ein Blick auf die „Haubt-Vestung und Schloss Hohen Salzburg“. Ersteres zeigt den SĂŒdflĂŒgel mit offenen ArkadengĂ€ngen und zwei symmetrisch zur Mittelachse angelegten Treppen. Die Vorzeichnung fĂŒr den Stich von Odilo Guetrat, ein bekannter Geograph des Stiftes Michaelbeuern, von etwa 1710 befindet sich im Salzburg Museum (Inv-Nr-. 1349-49). Bemerkenswert ist dabei der Hinweis an den Kupferstecher, dass der „Mönchsberg frei und ferne zu halten“ sei, da sich zwischen UniversitĂ€t und Berg der ehemalige Marstall (Festspielhaus) und die Hofstallgasse befinden. Die Legende erwĂ€hnt die einzelnen FakultĂ€ten und das große Theater, das 13 „VerĂ€nderungen“ (BĂŒhnenbilder) erlaubte. Als Vorlage fĂŒr den Blick auf die Festung von SĂŒd-Ost kann eine Radierung von Gabriel Bodenehr erwĂ€hnt werden, die gegen 1700 entstand. Die Legende bezeichnet einzelne Teile der Burg und hebt dabei die marmornen Apostelreliefs in der Georgskapelle und das zweimal tĂ€glich erschallende Orgelwerk hervor. Gemeint ist damit der ‚Salzburger Stier‘, eine Walzenorgel, die 1502 unter Ebf. Leonhard von Keutschach im Krautturm installiert wurde.

Im linken oberen Eck werden untereinander zwei Ansichten des „prĂ€chtigen neuen Universitets Tempels IMMAC. CONCEPT. B. V. M.“ dargestellt, die die Wichtigkeit und AktualitĂ€t des Hauptwerkes von Johann Bernhard Fischer von Erlach in Salzburg unterstreichen. Die Legende benennt die umliegenden HĂ€user. Als Vorlage ist der Stich zur 1707 erfolgten Weihe der Kirche von Johann Ulrich Kraus nach Pater Aemilian Rösch zu nennen. Dieser zeigt unterhalb der zentralen Innenansicht, eine Seitenansicht, die Fassade und den Grundriss des GebĂ€udes, wobei die Fassade ohne Ansicht der Kuppel ausgefĂŒhrt ist.

Ebenfalls in zwei Ansichten wird darunter die „Ertzbischöffl. Hochen Thums Kirchen“ dargestellt. Die Fassade oben weist bereits den vollstĂ€ndigen Skulpturenschmuck auf, mit den 1697/98 entstandenen ApostelfĂŒrsten Petrus und Paulus von Michael Bernhard MĂ€ndl. Bemerkenswert ist die dichte Reihe von Wasserspeiern an den Domplatzfassaden der Residenz und des Klosters St. Peter. Die Legende der Seitenansicht „von Mitternacht anzusehen“ rĂŒhmt die vier Orgeln unter der Kuppel und die „Neue gar große“ ĂŒber dem Portal mit 3266 Pfeifen und 42 Registern. Interessant erscheint der Hinweis, dass alles Dach der Kirche „von dicken Kupfer“ ist. Überdimensional groß wird der Residenzbrunnen gezeigt, dessen Wasser „etliche Zoll dick, 18 Schuh hoch [ĂŒber den Aufbau hinaus] springt“. Der Stich ist in manchen Teilen detailreicher als die als Vorlage mögliche Arbeit von Johanna Sibylla KĂŒsell von 1690.

Rechts daneben beschließt eine breit gelagerte Gesamtansicht der „Hoch-FĂŒrstl. Haubt- und Residenz STADT SALZBURG“ den unteren Rand des Blattes. Übereinstimmend hinsichtlich der Dominanz der verschiedenen KirchengebĂ€ude, der Anlage der Vorstadt Stein und mancher Details, wie den Brunnen vor dem Schloss Mirabell, kann als Vorlage ein Stich von Johann Friedrich Probst, der gegen 1710 entstand, angenommen werden.

Am rechten Rand werden darĂŒber von unten nach oben der „PrĂ€chtigste HochFĂŒrstliche Lust-Palast, und Garten Klessheim“, die „Sommer Reitschul“ mit der „EDMUND-BURG“ und der „ansehnlich HochFĂŒrstl: Hoffstall“ vorgestellt. Die Ansicht von Schloss Klessheim zeigt einen Idealentwurf mit bĂŒhnenartiger Vordergrundarchitektur, wie sie von Johann Bernhard Fischer von Erlach in sein Druckwerk der „Historischen Architektur“ von 1712 aufgenommen wurde. Der tatsĂ€chliche Bau weicht in mehreren Details, wie der Auffahrtsrampe, vom Stich ab. Die Legende zur Ansicht der Sommerreitschule verweist auf den Almkanal durch den Mönchsberg, der von „Chunonis de Guetrath, Anno 800“ unter Ebf. Arno angelegt wurde. Der Blick auf die Pferdeschwemme zeigt die ursprĂŒngliche Platzsituation, bevor die Schwemme mit der abschließenden Wand zum Mönchberg nach PlĂ€nen von Franz Anton Danreiter 1732 umgestaltet wurde.

Der Verleger und Kupferstecher Johann Baptist Homann wurde am 20. MĂ€rz 1664 in Oberkammlach bei Mindelheim geboren. Nach dem Besuch der Jesuitenschule in Mindelheim konvertierte er 1688 zum lutherischen Glauben und wurde 1691 NĂŒrnberger BĂŒrger. 1693 verließ er Frau und Kind um in Wien Dominikanermönch zu werden, bemĂŒhte sich jedoch bereits 1695 – nach einem unsteten Wanderleben voller Glaubenszweifel – von Erlangen aus erneut um das NĂŒrnberger BĂŒrgerrecht, das er nach der RĂŒckkehr zum lutherischen Bekenntnis 1698 wiederum erhielt. Es wird angenommen, dass er dort die Kunst des Kupferstechens autodidakt oder bei David Funck (1642 – 1709), fĂŒr den er bis 1702 tĂ€tig war, erlernte. Die Kriegskarte „Typus belli in Italia“ von 1702 begrĂŒndet den Erfolg seines eigenen Verlages, der nach seinem Tode am 1. Juli 1724 zuerst von seinem Sohn Johann Christian (1703 – 1730) weitergefĂŒhrt wurde und danach unter dem Namen „Homannsche Erben“ bis 1848 bestand. 1715 wurde er Mitglied der königlich preußischen SocietĂ€t der Wissenschaften und Kaiser Karl VI. verlieh ihm den Titel eines „Kayserlichen Geographen“. Zar Peter Alexejwitsch ernennt ihn zum „Kayserlich russischen Agenten“.

Johann Baptist Homann sticht um die 200 Karten und verdrĂ€ngt durch eine gĂŒnstige Preispolitik zunehmend die fĂŒhrenden hollĂ€ndischen und französischen Verleger vom deutschen Markt. 1707 erscheint ein Atlas mit 40 Karten der in einer weiteren Auflage 1712 auf 100 Karten erweitert wird. Als Hauptwerk gilt der „Große Atlas ĂŒber die ganze Welt“ mit 126 BlĂ€ttern von 1716.